Infrarot-Spektroskopie – Schlüsselelement moderner Ölanalytik

Erscheinungsjahr: 2008

 

Ganz gleich, ob es um eine Identitätsprüfung geht oder um die Beurteilung der weiteren Gebrauchsfähigkeit von Schmierstoffen, die Infrarotspektroskopie ist eines der wichtigsten Elemente der modernen Ölanalytik. Sie ist in jedem OELCHECK Ölanalysen-Set enthalten.

Das Messprinzip, einige der damit ermittelten Kennwerte und deren Rolle in der Gebrauchtölbeurteilung wurden bereits im ÖlChecker Frühjahr 2000 erläutert. Wegen der großen Bedeutung dieser mittlerweile auf ca. 70 Parameter erweiterten FT-IR-Methode werden, wenn möglich, Proben- und Referenzspektren auf jedem Laborbericht ausgedruckt. Um das grundsätzliche Verständnis zu vertiefen, werden hier die wichtigsten Grundlagen der Bewertung von Infrarot-Spektren vorgestellt.

Von einem „FT“-IR-Diagramm ist die Rede, weil das Diagramm mittels der Fourier-Transformation in eine besser lesbare Form gebracht wird. Im Diagramm wird auf der senkrechten Y-Achse die Transmission des Lichtes angezeigt, auf der waagerechten X-Achse die in Wellenzahlen angegebene Wellenlänge des Infrarotlichts. So wird dargestellt, wieviel des in die Messzelle eingebrachten Lichtes nach dem Verlassen dieser Zelle noch detektiert wird. Das IR-Diagramm wird oft auch als „Fingerabdruck“ des jeweiligen Öltyps bezeichnet.

 

Ein FT-IR-Diagramm kann in zwei unterschiedliche Bereiche unterteilt werden:

  • Der Bereich der Wellenzahlen oberhalb von 1.500 cm-1 identifiziert funktionelle Gruppen chemischer Verbindungen wie z.B. von Estern, Glykolen oder Mineralölen.
  • Der Bereich der Wellenzahlen unterhalb von 1.500 cm-1 gibt Aufschluss über die „Gerüstschwingungen“, d.h. den Aufbau der Moleküle als Ganzes. Dieser Bereich wird auch „Finger-print-Bereich“ genannt.

Bereits anhand des auf dem OELCHECK-Laborbericht ausgedruckten IR-Diagramms kann der Betrachter mit etwas Übung erkennen, ob es sich um ein Mineralöl, Esteröl oder ein glykolbasisches Syntheseöl handelt. Außerdem sind im IR-Spektrum wesentliche Additivverbindungen nachweisbar, deren Veränderungen auf Additivabbau, Vermischung oder ein anderes Öl hinweisen.

Grundsätzlich gilt, dass Verbindungen, die den „natürlichen“ Bestandteilen des Öls zugerechnet werden, in dem Diagramm als eher breite, oft bis an den „Boden“ reichende Einschnitte sichtbar sind. Das gilt z.B. für die in jedem Kohlenwasserstoff enthaltenen „C-C“- oder „C-H“-Bindungen oder auch für die in einem esterbasischen Öl enthaltenen „C=O“-Bindungen. Die oft nur in geringen Mengen vorhandenen Additive dagegen zeigen im Diagramm eher ein „nadelstichartiges“ Aussehen. Diese „Peaks“ haben nur eine relativ kleine Ausdehnung. Das gilt z.B. für phenolische Antioxidantien, oder auch für Additive, die das Viskositäts-Temperatur-Verhalten verändern (VI-Verbesserer).

Zur präzisen Auswertung ist das Diagramm auf dem Laborbericht, das unter www.laborberichte.com vergrößert dargestellt werden kann, allerdings nicht geeignet. Zur Angabe genauer Werte sind eine hochauflösende Grafik und eine spezielle Auswertungssoftware notwendig, die das Spektrum des Frischöls mit dem des Gebrauchtöls vergleicht. Der beurteilende Tribologe muss über ein profundes Fachwissen über den Aufbau verschiedener Öltypen, deren Additivierung und den Einfluss der Alterung auf das Öl verfügen, wenn er alle Parameter einzeln kommentieren möchte.

In der Praxis kommt es nicht selten zu Vermischungen unterschiedlicher Öltypen. Manchmal wird eine andere als die vom Kunden im guten Glauben angegebene Ölsorte eingesetzt, oder es bleiben bei einem Ölwechsel noch Restmengen des vorherigen Öls im System. Das Spektrum einer jeden einzelnen Ölprobe inklusive Referenzspektrum steht dem erfahrenen Tribologen beim Aufrufen der Probendaten sofort am Bildschirm zur Verfügung. Er kann so auf den ersten Blick sehen, ob das IR-Gebrauchtölspektrum überhaupt mit dem Frischölspektrum der vom Kunden angegebenen Ölsorte übereinstimmt. Dazu legt die Software die beiden Spektren übereinander und zeigt an, ob diese an den entscheidenden Stellen deckungsgleich sind. Ist auf dem Probenbegleitschein keine Ölbezeichnung angegeben, muss anhand der umfangreichen OELCHECK-Datenbasis nach dem „Best-Match-Prinzip“ das am besten passende Referenzspektrum herausgesucht werden.

Zum Vergleich kann dabei sofort auf eine umfangreiche Datenbank mit hunderten von Frischölproben zurückgegriffen werden. Erst, wenn der Öltyp identifiziert ist, beginnt der Tribologe mit der Bewertung der an bestimmten „Bandenbereichen“ des IRs ermittelten Kennzahlen. Bei synthetischen Grundölen oder Ölen, die bestimmte Additive enthalten, kann es allerdings vorkommen, dass ein mit der IR-Methode ermittelter Wert für diesen Öltyp nicht relevant ist. Weil z.B. esterbasische Bestandteile verhindern, den nur für reine Mineralöle gültigen Oxidationswert zu ermitteln.