Oxidation von Gasmotorölen

Bei der Beurteilung, wie lange ein Gasmotorenöl noch verwendet werden kann oder ob ein Ölwechsel angesagt ist, spielt die Ölalterung bzw. Öloxidation eine entscheidende Rolle. Längere Öleinsatzzeit, höhere Betriebstemperaturen oder steigende Verunreinigungen verstärken die Öloxidation und damit die Bildung von Ablagerungen und saurer Reaktionsprodukte. Öle aus Gasmotoren, die mit Bio-, Deponie-, Klär- oder auch Holzgas betrieben werden, müssen oft noch mit stärkeren sauren Anteilen aus den Gasen fertig werden. Da die Zusammensetzung dieser Gase häufig stark schwankt, kann im Gegensatz zum relativ sauberen Erdgas, selbst ein Ölwechsel nach festen Intervallen zum Risiko werden. Entsprechend vieler Herstellervorschriften müssen daher besonders die Öle aus Bio-, Klär- und Deponiegasmotoren mit laufenden Schmierstoff-Analysen überwacht werden.

Eine DIN-Norm, die nicht mehr richtig greift

Lange war die Infrarot-Spektroskopie das einzige Messverfahren für die Öloxidation. Bei Mineralölen, die vor etwa 25 Jahren hauptsächlich im Einsatz waren, zeigte das Spektrum die Oxidation so deutlich, dass die mit dem IR gemäß DIN 51453 ermittelten Werte von Gasmotorenherstellern spezifiziert wurden. Dabei wird die Tatsache genutzt, dass sich bei der Ölalterung Sauerstoff an den Molekülketten der aus Kohlenwasserstoffen bestehenden Öle anlagert und neue Molekülketten gebildet werden. Werden diese mit Infrarotlicht beaufschlagt, absorbieren sie das Licht anders als Frischöl.
Im IR-Spektrum eines oxidierten Mineralöles erscheint bei einer Wellenzahl von ca. 1710 cm-1 ein deutlich sichtbarer Ausschlag (Peak). Durch eine Subtraktion von Gebraucht- und Frischölspektrum in diesem Bereich wird die Oxidation als „Absorption der IR-Strahlung bezogen auf einen Zentimeter Ölschichtstärke in [A/cm]“ angegeben.

Eine logische Vorgehensweise, die aber bei einigen modernen Gasmotorenölen nicht mehr greift. Im Bereich der Wellenzahl 1710 cm-1 zeigen sich im IR-Spektrum auch die für esterhaltige Syntheseöle oder einige Additiv typischen Doppelbindungen. Oxidationsprodukte und Ester verursachen damit im selben Bereich einen Peak, wobei der dominierende Ester- den Oxidationspeak deutlich überdeckt.

 

Warum funktioniert die IR-Spektroskopie nicht immer?

Für den Hauptteil von mineralölbasierten Gasmotorenöle (Gruppe I-III Öle) liefert die IR-Spektroskopie nach wie vor verlässliche Angaben zur Ölalterung und die nach DIN spezifizierten Grenzwerte sind anwendbar. Für einige Gruppe III-, und viele synthetische Gruppe IV- Gasmotorenöle, meist „low-ash“ Öle, kann die IR-Spektroskopie nach DIN keine verwendbaren Werte zur Öloxidation liefern. Diese temperaturstabileren Syntheseöle mit Ester-Komponenten erzeugen im IR-Spektrum einen markanten „Ester-Peak“, welcher den entstehenden „Oxidations-Peak“ bei Wellenzahl 1710 cm-1 deutlich überlagert. Hier erbringt eine Subtraktion in diesem Wellenlängenbereich keinen sinnvollen Oxidationswert. Selbst stark oxidierte Öle ergeben kein verwertbares Ergebnis, da nicht selten der „Oxidations-Peak“ bei 1710 cm-1 auf die "Schulter" des „Ester-Peaks“ fällt und Ursache für vermeintlich stark schwankende Oxidationswerte ist. So könnten bei spezifikationsgerechtem Vorgehen für Öle mit gleichem Oxidationsgrad Werte von 1 A/cm bis > 30 A/cm errechnet werden.

Zeit für eine neue, einheitliche Regelung

Noch haben Motorhersteller und Versicherungsunternehmen die Ermittlung des Oxidationswertes mit der IR-Spektroskopie gemäß DIN 51453 spezifiziert und meist einen Grenzwert von 20 A/cm definiert. Für die Beurteilung von einigen modernen Ölen ist dies kontraproduktiv. Daher wäre es an der Zeit ein einheitliches Prüfverfahren für die Bestimmung der Oxidation zu definieren das auch für moderne Gasmotorenöle Geltung hat. Es sollte so festgelegt werden, dass es weltweit von jedem Labor für Gebrauchtölanalysen umgesetzt werden kann.

Bis es aber wirklich soweit ist, möchten wir von OELCHECK unseren Kunden versichern, dass wir uns bei der Beurteilung der Alterung moderner Motorenöle nicht nur auf Oxidationswerte, bestimmt nach der zum Teil nicht mehr anwendbaren DIN 51453, stützen. Stattdessen bewerten wir die Ölalterung aktuell und zuverlässig als Trendanalyse unter Einbeziehung mehrerer Analysenwerte und ihrem Zusammenspiel. Neben Motorentyp, Gasart und eingesetztem Motorenöl wird der Befund aus der IR-Spektroskopie durch Viskositäts-, AN-, BN- und ipH-Werte ergänzt. Bei der Beurteilung profitieren unsere Kunden von der großen Erfahrung unserer OELCHECK-Tribologen und unserer stets anwachsenden Datenbank. Somit kann man sich auf treffsichere Angaben zur Ölalterung im Laborbericht verlassen. Nichtsdestotrotz, eine einheitliche Neuregelung des Prüfverfahrens wäre notwendig.

 

P.S.: Nicht nur bei modernen Gasmotorenölen ist die Bestimmung der Oxidation durch die Subtraktion von Peaks bei einer speziellen Wellenzahl problematisch. Auch neue synthetische Getriebeöle, wie sie z.B. in Windkraftgetrieben zum Einsatz kommen, zeigen eine ähnlich problematische Oxidationsbestimmung, denn auch sie enthalten häufig synthetische Grundöle und Additive mit esterhaltigen Bestandteilen.

Quelle:

OELCHECKER Frühling 2013, Seite 5