Strong Acid Number

In allen Laborberichten von Motorenöl-Analysen geben wir, entsprechend des gewünschten Analysenumfangs, die Basenzahl (BN) und/oder die Säurezahl (AN) an. Sie werden bei Ölen aus Gasmotoren noch durch einen Anfangs-pH-Wert, den i-pH-Wert, unterstützt. Zur Bestimmung des optimalen Ölwechselzeitpunkts, der stark von der Gaszusammensetzung abhängt, reicht die Bestimmung dieser Werte meist aus. Wenn aber aggressive Säuren enthalten sind, die mit Deponie-, Bio- oder Klärgasen ins Öl gelangen, wird das Verfahren für die AN-Bestimmung erweitert. Bei Titrationsbeginn ist der pH-Wert dann kleiner als pH 4. Nur dann kann eine SAN (Strong Acid Number) überhaupt gemessen werden. Der Verbrauch an Kalilauge bis zum Erreichen von pH 4 wird als SAN angegeben. Danach wird bis zum Wendepunkt (ca. pH 7) weiter titriert und der Verbrauch bis dahin als AN angegeben. Die SAN, ein Maß für sehr starke Säuren im Motorenöl, wird im Laborbericht nur bei Vorhandensein dieser aggressiven Säuren aufgeführt. Nach wie vor erscheint immer die AN im Bericht.

Grundsätzlich altern Öle während ihres Einsatzes. Die Oxidation, bei der Sauerstoffmoleküle die Kohlenwasserstoff-Verbindungen des Öls verändern, ist eine der Folgen dieses Alterungsprozesses. Es entstehen dabei sauer reagierende organische Oxidationsprodukte. Bei Raumtemperatur erfolgen diese Reaktionen sehr langsam und haben auf den Ölzustand nur wenig Einfluss. Bei erhöhten Temperaturen, wie sie innerhalb eines Motors auftreten, ist die Reaktionsgeschwindigkeit jedoch erheblich größer. Verbrennungsprodukte und Verschleißelemente im Öl wirken außerdem als Katalysatoren. Wenn dann noch Rückstände aus der Verbrennung schadstoffhaltiger Gase, wie sie z.B. in Bio-, Deponie- oder Klärgasen vorkommen, im Motorenöl kondensieren, hat dies zusätzlichen Einfluss auf die Zunahme der entstehenden sauren Produkte. Dadurch wird letztendlich der Motor so geschädigt, dass Reparaturen erforderlich sind. Das Motorenöl hat unter anderem die Aufgabe, säurehaltige Bestandteile zu neutralisieren. Auf diese Art werden die anfälligen Motorkomponenten vor einem korrosiv wirkenden Angriff durch freie Säuren geschützt. Damit diese Säureneutralisation über einen möglichst langen Zeitraum gelingt, enthalten die Öle alkalische Additive, deren Veränderung bei der Ölanalyse in Form der BN angegeben wird. Sind diese basischen Zusätze aber verbraucht bzw. in zu geringer Menge im Öl vorhanden, greifen die starken, äußerst aggressiven Säuren direkt „weiche“ Motorkomponenten wie Lagermetalle an. Gleichzeitig sind häufig ein Anstieg der Ölviskosität sowie die Bildung von lackartigen Ablagerungen auf heißen Oberflächen (z.B. das Innere des Kolbenbodens) zu beobachten.

Eine Überwachung des Öls im Hinblick auf die alkalische Reserve und der im Öl vorhandenen Säuren ist also entscheidend, um den optimalen Zeitpunkt für einen motorschützenden Ölwechsel zu bestimmen. Bei der Diagnose des Öls werden neben Verschleißwerten und Verunreinigungen auch solche Ölwerte berücksichtigt. So ist die BN als Basenzahl bzw. Base Number ein wichtiges Kriterium dafür, wie viele saure Bestandteile noch vom Öl neutralisiert und unschädlich gemacht werden können. Dieses BN-Potenzial wird bei der Bewertung des gebrauchten Öls mit dem sauren AN-Potenzial und dem i-pH-Wert verglichen. Um auch die überaus aggressiven Säuren aufzuspüren, wie sie vor allem in Ölen von Sondergas-Motoren enthalten sind, unterscheiden wir im OELCHECK-Labor, im Gegensatz zu den Labors von Öl- und Motorenherstellern, durch ein erweitertes Auswerteverfahren der Titrationskurven zwischen der Strong Acid Number (SAN) und der Acid Number (AN).

Im Laborbericht geben wir die SAN nur an, wenn durch vorhandene starke Säuren überhaupt ein Wert bestimmt werden kann. Dies ist glücklicherweise meist nicht der Fall. Sobald allerdings eine SAN (im Laborbericht angegeben mit Werten > 0,1 mgKOH/g) gemessen wird, muss das Öl unverzüglich gewechselt werden. Gleichzeitig empfiehlt es sich, das Ölwechsel­intervall generell so zu verkürzen, dass beim nächsten Mal keine SAN mehr auftaucht. Denn ein messbarer Wert bedeutet, dass durch das zu sauer gewordene Öl akute Korrosionsgefahr für alle Motorteile besteht.