Entsorgung und Auswahl von biologisch schnell abbaubaren Hydraulikölen

Erscheinungsjahr: 2009, überarbeitet 2023

 

Über 20 % der Schmierstoffe werden nicht recycelt. Durch Leckagen verschwinden sie im Boden oder im Wasser, sie benetzen Bauteile oder verbleiben in nicht mehr benötigten Maschinen. Manchmal ist auch mangelnde Aufklärung Grund für eine falsche Entsorgung. Denn der durch das Wort „Bio-Öl“, unterstützt durch den aufgedruckten „blauen Engel“ oder die „Euro-Margerite“ bzw. EU-ECOLABEL suggerierte Eindruck täuscht gewaltig. Auch ein so bezeichnetes Öl darf nicht in die Umwelt gelangen. Verbraucher sind häufig der Ansicht, dass sie bei einem Schaden, bei dem eine größere Mengen Hydrauliköl in die Umwelt (Boden, Wasser) gelangt, nichts unternehmen müssen, wenn sie biologisch schnell abbaubares Hydrauliköl im Einsatz haben. Auch der Einsatz von solchen synthetischen Flüssigkeiten befreit nicht von der Mitteilungspflicht einer Kontamination der Umwelt, der Entfernung des Öls aus dem Gewässer bzw. des kontaminierten Erdreiches. Und erst recht nicht dürfen Hydrauliköle, auch nicht die „Bio-Öle“, bei einem Ölwechsel einfach in den Boden abgelassen werden.

Die Entsorgung von Schmierstoffen ist in Deutschland über das Kreislaufwirtschaftgesetz (KrWG) im Allgemeinen und über die Altölverordnung (AltölV) im Speziellen geregelt. Dabei machen auch die „Bio-Öle“ keine Ausnahme. Sie werden so behandelt wie entsprechende Syntheseöle oder wie Mineralöle.

Bei Arbeiten in umweltsensiblen Bereichen sollten natürlich vorzugsweise biologisch schnell abbaubare bzw. umweltverträglichere Öle eingesetzt werden.

Die Lagerung von Betriebsstoffen wird mit Hilfe der Einteilung in Wassergefährdungsklassen geregelt.  Den biologisch schneller abbaubaren bzw. umweltverträglicheren Ölen ist typischerweise die Wassergefährdungsklasse (WGK) 1 zugeordnet.

Es gibt mittlerweile eine Vielzahl von Prüfverfahren, die Öle hinsichtlich ihrer Abbaubarkeit bzw. Umweltverträglichkeit beurteilen. Daraus resultieren oft Kennzeichnungen die dann an den Gebinden bzw. in den Datenblättern aufgeführt werden. Bekannte Markierungen sind wie oben beschrieben in Deutschland bzw. der EU u.a. der „Blaue Engel“ oder das EU ECOLABEL. In den USA ist z.B. die „USDA Biopreferred“ Kennzeichnung verbreitet.

Nationale oder internationale Normen sowie technische Regelwerke zur Einstufung der schnellen biologischen Abbaubarkeit sind u.a.:

  • Swedish Standard SS 15 54 34 Category V
  • ISO 15380, ISO 9439, ISO 14593
  • VDMA 24568, VDMA 24570

 

Insbesondere die ISO 15380 spezifiziert mit der ISO 6743-4 vier Klassen von für die Umwelt akzeptable Hydrauliköle:

  • HETG: Triglyzeride
  • HEPG: Polyglykole
  • HEES: Synthetische Ester
  • HEPR: Polyalfaolefine und andere synthetische Kohlenwasserstoffe.

Einige Eigenschaften, die vor allem für den Langzeiteinsatz von HEPR-Ölen sprechen, sind im ÖlChecker Frühjahr 2009 geschildert.

Es gibt eine Vielzahl von Testmethoden, um den biologischen Abbau von Schmierstoffen zu testen. Die meisten Tests wurden entwickelt, um den Verbleib einer Chemikalie in der Umwelt, insbesondere in Gewässern, zu beschreiben und vorherzusagen. 1981 veröffentlichte die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erstmals Leitlinien zur Prüfung der biologischen Abbaubarkeit von Chemikalien. Diese 1993 aktualisierten Richtlinien führten verschiedene Testmethoden ein, OECD 301 A-F, die ursprünglich für die Bestimmung der leichten biologischen Abbaubarkeit von einzelnen, wasserlöslichen, von der Waschmittelindustrie hergestellten Substanzen entwickelt wurden. Heutzutage verwenden Laboratorien weltweit jedoch diese Testmethoden der OECD-Richtlinie, um den biologischen Abbau schlecht wasserlöslicher Substanzen und Gemische wie Schmierstoffe zu bestimmen.

Etwa zur gleichen Zeit, im Jahr 1982, entwickelte das Coordinating European Council (CEC) ebenso eine standardisierte Testmethode, um den biologischen Abbau speziell für Schmierstoffe zu bestimmen. Im Laufe der Jahre wurde diese Testmethode radikal modernisiert. Aufgrund der Implementierung der Hochtemperatur-Gaschromatographie hat die Technische Entwicklungsgruppe der CEC 2012 eine neue Testmethode als „CEC L-103-12 Biologische Abbaubarkeit von Schmierstoffen in der natürlichen Umgebung" entwickelt, getestet und genehmigt.

In der Zwischenzeit haben auch andere Organisationen, darunter die International Organisation of Standardisation (ISO) und die American Society for Testing and Materials (ASTM), biologische Abbaustandards geschaffen, die in gewissem Maße den OECD-Richtlinien ähneln.

Die Prüfung der biologischen Abbaubarkeit im Labor zielt darauf ab, eine unter kontrollierten, vergleichbaren Bedingungen, zuverlässige Vorhersage darüber zu erhalten, wie sich Chemikalien in der Umwelt verhalten könnten. Dementsprechend setzt sich jede etablierte Prüfmethode aus drei identischen methodischen Grundteilen zusammen. Jeder Test wird in einem mineralischen Medium hergestellt, verwendet Mikroorganismen und muss eine Prüfsubstanz enthalten. Dies stellt die Grundlage für jeden biologischen Abbautest für Schmierstoffe in einer wässrigen Phase dar. Die Messung des Abbaus erlaubt jedoch verschiedene Sichtweisen. Es besteht die Möglichkeit sowohl die Abnahme des eingesetzten Stoffes (z.B. Schmierstoff) als auch die Zunahme von Abbauprodukten zu verfolgen. Einige Testmethoden basieren auf der Entfernung organischer Chemikalien, die als gelöster organischer Kohlenstoff (DOC) gemessen werden. Andere betreffen die Herstellung von Kohlendioxid, und wieder andere bestimmen den biologischen Sauerstoffbedarf oder messen den anorganischen Kohlenstoff.

Bei der Bestimmung der biologischen Abbaubarkeit durch die Testmethode CEC-L-103-12 wird die am Ende der Testperiode übrig gebliebene Probe mit einem organischen Lösungsmittelextrahiert und eine Gaschromatographie (GC) durchgeführt. Mit der GC als Analysewerkzeug lässt sich detektieren, was am Ende des Testzeitraums von der Probe übrigbleibt.

Abbildung 1 zeigt Beispiel-Chromatogramme drei verschiedener Proben vor (Kontrolle) und nach einem Bioabbau. Probe 1 zeigt einen gleichmäßigen Abbau aller ihrer Bestandteile (Abb.  A), während das Chromatogramm der Probe 2 (Abb. B) zeigt, dass nach 21 Tagen einige Komponenten mehr und andere weniger abgebaut sind.

Eine herausragende Eigenschaft der GC-Analyse ist die Detektion neuer Substanzen, die möglicherweise bei den Abbauprozessen entstanden sind. Die Analyse der Probe 3 zeigt neu entstandene Substanzen (Abb.  C). Ein wichtiges Merkmal der Methode CEC-L-103-12 ist die Anwendbarkeit für Substanz-Gemische, wie sie z.B. die meisten Schmierstoffe darstellen. Doch auch diese Testmethode hat Ihre Einschränkungen. So ist sie nicht für wasserlösliche, hochflüchtige Substanzen oder Schmierstoffe mit einem Siedebereich von mehr als 600 °C geeignet.

Die am häufigsten verwendeten Testmethoden zur Messung des biologischen Abbaus stellen CO2-Entwicklungstests, z.B. OECD 301 B, dar. Diese Tests sind häufig in Richtlinien für die Vergabe von Umweltzeichen, z. B. "Blauer Engel", integriert. Hierbei wird das beim Bioabbau freigesetzte Kohlendioxid gemessen und als Prozentsatz des theoretisch maximal möglichen Kohlendioxids ausgedrückt. Ab einem Schwellenwert von 60% gilt eine Substanz als leicht biologisch abbaubar. Dies erlaubt jedoch keine Rückschlüsse über die Herkunft des Kohlendioxids: es kann nicht festgestellt werden, ob alle Komponenten gleichermaßen abgebaut oder einige bevorzugt und in größerem Maß.

Je nach Einsatz kann eine entsprechend Anforderung gestellt werden. Die ISO 15380 ist die internationale Leitnorm in Bezug Hydrauliköle mit Anforderungen bzgl. schneller biologischer Abbaubarkeit. Das Erfüllen dieser Norm ist jedoch keine generelle Zertifizierung die jeden Anwendungsfall (z.B. nationale Umweltgesetzgebungen) abdeckt. Es ist also darauf zu achten, dass für den entsprechenden Einsatz der Flüssigkeit die angeforderten Zertifizierungen vom Schmierstoffhersteller vorliegen.
 

Der OELCHECK-Umwelttipp:

Wenn Sie also ein Hydrauliköl für den Einsatz in einem umweltsensiblen Bereich auswählen, gehen Sie bitte sorgfältig vor und prüfen genau die Angaben des Ölherstellers, die Anforderungen des Geräteherstellers und die Vorschriften der Behörden. Damit Sie im Falle eines Falles auf der sicheren Seite sind! Wenn Sie eine Anlage von Mineralöl auf ein biologisch schnell abbaubares Hydrauliköl umstellen, beachten Sie bitte unbedingt die Umölungsrichtlinien! Da die Ölmenge des Tankinhalts meist nur ca. 30% des gesamten Ölvolumens ausmacht, sind Spülprozeduren nötig. Der Mineralölgehalt muss nach dem Umölen unterhalb von 2% liegen und kann mit dem OELCHECK Bioset geprüft werden. Ein höherer Mineralölgehalt kann dazu führen, dass ein Bioöl seine schnelle biologische Abbaubarkeit verliert.

Quelle:

P. Lohmann, B. Müller, G. Gaule in Synthetics, Mineral Oils and Biobased Lubricants, Chemistry and Technology, Vol. 3 (Eds.: L. R. Rudnick), CRC Press, Boca Raton, 2020, pp. 509–514.