AdBlue – ein Saubermann ganz ohne Restalkohol

Erscheinungsjahr: 2023


Zugegeben, die Vorstellung von 32,5 % Harnstoff in einem Liter Flüssigkeit weckt gewisse Assoziationen. Dabei wird AdBlue rein industriell hergestellt und menschlicher Urin ist dagegen alles andere als sauber. Er enthält 3 bis 4 % Harnstoff, Eiweiß, andere Störstoffe und dazu häufig auch noch Restalkohol.

Inhaltsverzeichnis

  1. Weniger Emissionen, geringerer Dieselverbrauch
  2. Charakteristika im Überblick
  3. Haltbarkeit und Lagerung

Weniger Emissionen, geringerer Dieselverbrauch

Doch gerade wegen der sanitären Assoziationen kam für den Saubermann der Name AdBlue zustande. Dabei würde die Bezeichnung AdGreen im Prinzip die Rolle des Konzentrats viel besser treffen. Schließlich trägt AdBlue entscheidend zur Reduktion der NOx-Emissionen im Nutzfahrzeugbereich und bei Diesel-Pkw bei. 

Der im Auspuff eingespritzte Harnstoff zerfällt im heißen Abgas zu Ammoniak und sehr geringe Mengen Kohlenstoffdioxid (CO2). Der Ammoniak geht im Katalysator unter Hitze eine Verbindung mit Stickoxiden ein. Es entstehen Stickstoff und Wasserdampf, beides natürliche Bestandteile der Atmosphäre und somit völlig unbedenklich im Abgas. Diese Reaktion ist als selektive katalytische Reduktion bzw. SCR (Selective Catalytic Reduction) bekannt. Die Harnstofflösung ist für Fahrzeuge die Speicher- bzw. Transportform für Ammoniak, der in stationären Anlagen auch direkt zur NOx-Reduktion im SCR-Katalysator genutzt werden kann. 

Der Einsatz dieser Technologie eröffnet einen Weg der Schadstoffreduktion bei Dieselmotoren. Diese „leiden“ aufgrund der Verbrennungsführung unter dem „NOx-Partikel-Trade Off“. Der Motor erzeugt auslegungsbedingt entweder mehr NOx und wenig Ruß (Partikel) oder umgekehrt. Beides erfordert eine wirksame Abgasnachbehandlung. Während die Anforderungen der Abgasnorm Euro 5 noch mittels innermotorischer Maßnahmen (z.B. Abgasrückführung) und einem Dieselpartikelfilter dargestellt werden konnten, erfordert die Abgasnorm ab Euro 6 den Einsatz eines SCR-Systems mit AdBlue. Dadurch können Motoren anders appliziert werden, die Rußmenge über den gesamten Betriebsbereich verringert, die Lastpunkte verbessert und somit neben der Reduktion von NOx zusätzlich bis zu 6 % Kraftstoffersparnis erzielt werden.

Mit dieser Technologie werden die Stickoxide in den Diesel-Abgasen der Nutzfahrzeuge um 85 % bei Euro 5 und um 95–98 % bei Euro 6 gesenkt. Dank eines AdBlue-Systems geht vieles. Ist ein Fahrzeug aber mit einem solchen System ausgestattet, geht ohne AdBlue nichts. Denn wenn AdBlue fehlt, lässt sich der Motor nicht mehr starten. Hinter der Blockade stecken auch steuerliche Gründe: Eine nicht korrekt funktionierende Abgasnachbehandlung würde den Tatbestand der Steuerhinterziehung erfüllen!

Der Bedarf an AdBlue ist immens: Verbraucht ein Diesel-Pkw nur 1,5 bis 2,8 l auf 1.000 km, benötigt ein Nutzfahrzeug ungefähr 5 %, Großmotoren sogar bis zu 10 % des Dieselbedarfs an AdBlue. Damit liegt der geschätzte Gesamtverbrauch an AdBlue allein in Deutschland zwischen 2,5 und 5 Mio. l pro Tag.

Charakteristika im Überblick

AdBlue ist ein eingetragener Markenname des Verbandes der Automobilindustrie e.V. (VDA). Außerhalb Deutschlands werden auch Bezeichnungen wie DEF (Diesel Exhaust Fluid) und AUS 32 (Aqueous Urea Solution) verwendet.

Die Qualitätsanforderungen an das Produkt sind in der ISO-Norm 22241-1 definiert. Der Gehalt an reinem Harnstoff muss 32,5 % betragen. Für den Einsatz im Großmotorenbereich (Marine oder Motorenkraftwerke) wird gemäß ISO-Norm 18611 eine höhere Konzentration von 40 % (AUS 40) verlangt. 

Außer reinem Wasser und eventuellen Farbstoffen sind keine weiteren Inhaltsstoffe in AdBlue erlaubt. Elemente, wie Kalzium und Aluminium dürfen nur in ganz geringen Spuren enthalten sein. Auf keinen Fall darf AdBlue mit Buntmetallen, wie Zink, Kupfer, Nickel oder mit Elementen wie Schwefel, Natrium oder Kalium, verunreinigt sein. Die SCR-Katalysatoren sind empfindlich gegenüber diesen sogenannten Katalysatorgiften. Entsprechend verunreinigtes AdBlue verringert die Lebensdauer eines Katalysators deutlich. 

Die transparente Flüssigkeit ist nicht brennbar und nicht giftig, kann aber auf Augen, Haut und Atemwege reizend wirken. Daher sollte sie bei Hautkontakt mit viel Wasser abgespült werden. Auf Stahl, Eisen, Nickel und Buntmetalle wirkt AdBlue korrosiv. Lacke und Kunststoffe können bei längerer Einwirkung geschädigt werden.

Haltbarkeit und Lagerung

Die Haltbarkeit von AdBlue ist entscheidend von der Temperatur und den Umständen seiner Lagerung abhängig. Bei einer Lagertemperatur von -5 °C bis +25 °C ist AdBlue etwa 18 Monate haltbar. Eine längere Lagerung über 25 °C kann zur Zersetzung des Harnstoffs führen. Wird AdBlue etwa über 30 °C gelagert, verringert sich seine Haltbarkeit rapide. 

Als Faustregel gilt: Pro 5 °C über 30 °C verringert sich die Lagerstabilität um jeweils sechs Monate. Wird das Produkt dann trotzdem verwendet, kann es zu Schäden am Katalysatorsystem und in Folge am Motor kommen. 

Ab -11 °C gefriert AdBlue, kann nach dem Auftauen jedoch verwendet werden. Aber Vorsicht: AdBlue dehnt sich bei Frost wie Wasser aus und es kann Behälter zum Platzen bringen. 

Grundsätzlich sollte AdBlue vor direkter Sonneneinstrahlung geschützt und nicht bei extremen Temperaturen gelagert werden. Die Behälter müssen gut verschlossen sein. So kann weder Schmutz eindringen, noch kann das Produkt durch Verdunstung aufkonzentrieren.

Quelle:

OELCHECKER Winter 2022, Seite 7