RULER – Bestimmung der Restnutzungsdauer von Schmierstoffen
Erscheinungsjahr: 2003
Auch Öle altern: Reaktionen der Ölmoleküle und der Additive mit Luft-Sauerstoff lassen die Öle oxidieren. Erhöhte Öltemperaturen von über 60 °C, katalytische Verunreinigungen und intensiver Luftzutritt beschleunigen den Alterungsprozess.
Oxidiert das Öl, altert es und seine Restnutzungsdauer sinkt. Um diese Reaktionskette zu verlangsam und die Lebensdauer des Öls zu verlängern, werden den Schmierstoffen spezielle Additive, sogenannte Oxidationsinhibitoren bzw. Antioxidantien, zugesetzt.
Bisher wurde nur die Oxidation der mineralölbasischen Grundöle mit der Infrarotspektroskopie durch einen Vergleich mit dem Frischöl ermittelt. Mit dem „RULER“ steht ein verbessertes Testverfahren zur Verfügung, das neben der Überwachung des Grundöls besonders der Überprüfung der Antioxidantien dient. OELCHECK hat eines dieser Testgeräte bereits seit 2003 im Einsatz.
RULER ist die Abkürzung für Remaining Useful Life Evaluation Routine, ein System zur Bestimmung der Restnutzungsdauer des Öls. Die Technologie wurde Mitte der 80er Jahre zur Bestimmung der Restnutzungsdauer von Schmierstoffen in Gasturbinen entwickelt und mit Erfolg experimentell in Flugzeugen des Typs A-10 während des Golf-Kriegs getestet.
Der Begriff „remaining useful life“ oder Restnutzungsdauer macht deutlich, dass mit dem RULER-Gerät der Zeitraum bestimmt werden kann, in dem die Oxidation des Schmierstoffs durch die dem Öl oder Schmierfett zugegebenen Antioxidantien noch zuverlässig verhindert werden kann. Der mit dem RULER gemessene Gehalt an Antioxidantien steht in direktem Zusammenhang mit der maximalen Restnutzungsdauer der gebrauchten Ölprobe. Die RULER-Zahl verringert sich, wenn die Menge der noch nicht verbrauchten Oxidantionsinhibitoren abnimmt.
Durch die Ölalterung und den Additiveabbau erhöht sich die Viskosität und die AN (Acid Number) bzw. die NZ (Neutralisationszahl). Fehlende Antioxidantien lösen eine rapide Oxidation aus. Die Schmiereigenschaften des Öls verschlechtern sich drastisch. Korrosiver Verschleiß kann nicht mehr verhindert werden.
Die Zusammenhänge verdeutlicht Abbildung 1. Sie zeigt die Entwicklung der Messwerte eines Öls im Verlauf von 5 000 Betriebsstunden.
Mit dem RULER wird der Gehalt von Antioxidantien in Mineral- und Syntheseölen sowie auch in allen Typen von Schmierfetten bestimmt. Damit eignet sich das Verfahren sowohl für die Überwachung von Frischöllieferungen zur Qualitätskontrolle als auch für die Überprüfung von gebrauchten Schmierstoffen.
Das Testverfahren
Der Test kann mit jedem Schmierstoff durchgeführt werden, der mindestens einen Typ eines Oxidationsinhibitors auf der Basis von Phenolen oder Aminen enthält. Im Probenröhrchen, das eine elektrolytische Zelle simuliert, werden 0.4 ml der Ölprobe mit einem Lösungsmittel und einem festen Substrat (speziell aufbereiteter Sand mit unterschiedlicher Körnung) vermischt. Durch starkes Schütteln des Probenröhrchens trennt das Lösungsmittel die Antioxidantien vom Öl. Während einer kurzen Ruheperiode setzen sich die festen Substratpartikel zusammen mit der Ölphase und den üblichen Gebrauchtöl-Verunreinigungen am Boden ab. Jetzt ist die Probenvorbereitung beendet und eine Elektrode, die ca. 1 cm in die obere Phase des Elektrolyt-Gemisches eintaucht, kann auf das Probenröhrchen aufgeschraubt werden.
Bei der mit dem RULER angewandten Methode der linearen Voltametrie wird eine definierte Spannungskurve an der Elektrode in der verdünnten Schmierstoff-Elektrolyt- Probe abgefahren. Wenn das Potential steigt, werden die Antioxidantien chemisch angeregt und verursachen einen Stromfluss, der bis zu einem Maximalwert steigt und dann bei steigender Spannung wieder fällt.
Der Anstieg und der zeitliche Verlauf der Spannung werden so gewählt, dass die typischen Kurven von Antioxidantien besonders gut gemessen werden können. In den Spannungs- bzw. Stromkurven gibt das Potential des Peaks die Art des Additives und der maximale Stromfluss die Konzentration dieses Zusatzes an.
Der RULER gibt als Messergebnis eine Zahl an, die der Konzentration des zu messenden Oxidationsinhibitors entspricht. Dieses Messergebnis wird mit der Frischölprobe eines Schmierstoffs mit der gleichen Formulierung verglichen. Durch Trendanalysen oder Vergleich mit ähnlichen Aggregaten kann genau beobachtet werden, wann die Qualität des Öls stark abnimmt. Auf dieser Basis kann jetzt die Restnutzungsdauer des Schmierstoffs kalkuliert werden.
Die Anlage ist mit 1.600 l eines EP-Turbinenöls befüllt. Seit 3 Jahren führt OELCHECK regelmäßige Schmierstoff-Analysen durch. Dabei wurde festgestellt, dass das phosphorbasische Additivniveau langsam gesunken ist. Weil aber kaum eine Veränderung der AN zu verzeichnen war, konnte nach geltender Sprachregelung davon ausgegangen werden, dass nur eine geringfügige Oxidation bzw. Alterung des Öls eingetreten war.
Bei einer routinemäßigen Öffnung des Getriebes wurden aber auf einem Zahnradpaar starke lackartige Ablagerungen entdeckt.
Daraufhin wurden eine Gebraucht- und Frischölprobe von OELCHECK umgehend mit dem RULER untersucht. Der Vergleich der Analysedaten zeigte sehr deutlich, dass einer der beiden Oxidationsinhibitoren-Typen nahezu vollständig abgebaut war. So wurde klar, dass es im Getriebe des Turbokompressors zu einer starken örtlichen Überhitzung kommt, die den phenolischen Oxidationsinhibitor so stark verbraucht, dass sich an den im Vergleich zur Umgebung warmen Stellen der Zahnräder die lackähnlichen dunklen Ablagerungen bilden. Zu einem sofortigen Ölaustausch wurde natürlich geraten, denn ein nachträgliches Additivieren der relativ kleinen Ölmenge scheidet aus.
Der RULER im Einsatz bei OELCHECK
Der RULER ersetzt nicht die Infrarot-Spektroskopie, die über die Oxidation und Alterung des Grundöls informiert. Er wird von OELCHECK als zusätzliches Instrument zur Feststellung von Konzentrationen von Wirkstoffen, die eine Alterung des Grundöls reduzieren sollen, genutzt. Bei der Beurteilung, ob ein zustandsabhängiger Ölwechsel durchgeführt werden muss, ist er besonders hilfreich.
Auf der Basis der RULER-Zahl bestimmt OELCHECK im Rahmen von Trendanalysen in mineralölbasischen Turbinenölen, synthetischen Hydraulik- und Getriebeölen und in Schmierfetten die jeweils verbleibende Antioxidantien-Kapazität. Daraus zieht OELCHECK dann unter anderem Rückschlüsse auf die optimalen Intervalle für den Wechsel des Öls oder die Nachschmierfristen beim Schmierfett.
Veränderungen bei Grundölen und Additiven sorgen auch für Anpassungen der Schmierstoffanalytik
Turbinenöle auf der Basis konventioneller Grundöle (API-Gruppe I) enthielten überwiegend phenolische Antioxidantien in relativ hoher Konzentration, kombiniert mit Aminen, Sulfiden oder Phosphaten. Moderne Turbinenöle auf der Basis von Grundölen der API-Gruppe II (hydrotreated), Gruppe III (hydrocracked) oder Gruppe IV (PAO) enthalten allermeist aminische Antioxidantien, kombiniert mit Phenolen, letztere jedoch nur in geringer Konzentration.
Während die Messung der aminischen Antioxidantien in modernen Turbinenölen mittels RULER nach wie vor zuverlässig funktioniert, ist die Reproduzierbarkeit der Messung der phenolischen Antioxidantien aufgrund der sehr geringen Konzentration deutlich beeinträchtigt.
Phenolische Antioxidantien mittels Infrarot-Spektroskopie
Intensive Untersuchungen haben gezeigt, dass die phenolischen Antioxidantien insbesondere bei niedrigen Konzentrationen zuverlässiger mittels FT-IR-Spektroskopie zu bestimmen sind.
Auch die aminischen Antioxidantien können mittels FT-IR nachgewiesen werden. Die „benachbarten“ Wellenzahlenbereiche weisen allerdings Interferenzen mit anderen Einflüssen auf. Die Wiederholbarkeit der mengenmäßigen Erfassung der aminischen Antioxidantien ist jedoch beeinträchtigt. In diesem Fall liefert die Bestimmung mittels RULER deutlich stabilere Ergebnisse.
Diesem Sachstand Rechnung tragend hat sich OELCHECK entschieden, das Konzept zu deren Überwachung anzupassen. In Turbinenölen werden die phenolischen Antioxidantien mittels FT-IR, die aminischen AO mittels RULER bestimmt. Beide Werte werden wie bisher in % der restwirksamen AO im Vergleich zum Frischöl angegeben.
Für Sie ändert sich am grundlegenden Procedere nichts. Jedoch erhalten Sie damit Ergebnisse, die mehr Sicherheit bei der Interpretation der Laborergebnisse bieten.