Visuelle Beurteilung von Ölproben

Erscheinungsjahr: 2004, aktualisiert 2024

 

Bis zu 2000 Ölproben treffen täglich im OELCHECK-Labor zur Untersuchung ein. Bevor sie die einzelnen Tests abhängig von Untersuchungsumfang, Fragestellung und Öltyp absolvieren, werden sie automatisch visuell beurteilt. Denn oft liefert das Aussehen des Öls interessante Informationen. Die Veränderung der Ölfärbung, partikuläre Verunreinigungen und eine eventuelle Trübung durch Wasser spielen bei der Beurteilung der Probe eine ganz besondere Rolle.

Mit dem Auspacken werden die Probengefäße in die 20-er Probentabletts nach Herkunft gruppiert. So kommen Motoröle zu Motorölen und Hydrauliköle werden neben Hydraulikölen eingeordnet. Die befüllten Probenracks werden mit ihren transparenten OELCHECK-Gefäßen für mindestens 15 Minuten im „Kopfstand“, d. h. auf dem Deckel stehend, gelagert, etwaige Fremdstoffe im Öl sinken dann auf die weiße Deckelinnenfläche und sind nach dem Umdrehen und Öffnen leichter erkennbar.

  • Dann tritt zuerst ein Kamerasystem in Aktion und fertigt ein Foto jedes einzelnen Probengefäßes an, das auf dem Kopf bzw. seinem Deckel steht.
    Die Farbe der Probe, ihre etwaige Trübung sowie die Füllhöhe des Probengefäßes werden automatisch ausgelesen.
  • Anschließend drehen Greifer das Gefäß um, öffnen seinen Deckel und platzieren diesen mit seiner Innenseite nach oben.
    So werden etwaige Ablagerungen darauf sichtbar.
  • An der nächsten Station entstehen Fotos vom Inneren des geöffneten Probengefäßes und vom Probendeckel.
  • Alle Aufnahmen können von Kunden unter https://lab.report eingesehen und in hoher Auflösung betrachtet werden. 
  • Eine computergestützte Bildauswertung bestimmt aus dem Foto des Probendeckels mit den etwaigen Ablagerungen darauf den Grad der Verunreinigung. 

Verunreinigungen

Durch die visuelle Beurteilung kann schon im Vorhinein eine Einteilung der Verunreinigungsart erfolgen. Die Information, ob es sich z. B. bei Partikeln um Dichtungsmaterialien, Korrosionsrückstände oder Staubkörnchen handelt, kann bei der finalen Bewertung wertvolle Hinweise liefern.

Farbe

Die Farbe eines Öls ist im Prinzip kein absolutes Qualitätsmerkmal. Schließlich kann mit geringsten Mengen (weniger als 1 Liter vorgelöster Farbstoff auf 20.000 Liter Öl) des entsprechenden Einfärbemittels nahezu jeder gewünschte Farbton erzeugt werden. Von Pink bis Giftgrün – fast alles ist möglich. Je nach Einsatzzweck erwartet der Verbraucher auch schon einen bestimmten Farbton. Goldgelb für Getriebe- und Hydrauliköle, rot für ATF's, Öle für medizinische Geräte oder Lebensmittelmaschinen sollen möglichst wasserhell sein. Öle in Luftfiltern sind dagegen oft blau eingefärbt.

Bei einem nicht eingefärbten Öl ist die Färbung von der Herkunft, d. h. vom Bohrloch, vom Raffinationsgrad und von der Intensität der Bleichung des Grundöls abhängig. Durch die Zugabe von Additiven, die in höherer Konzentration bis zu schwarz aussehen, werden allerdings auch wasserhelle Grundöle oft erheblich dunkler.

Die Veränderung der Farbe einer Ölfüllung kann aber auch wichtige Informationen über die Alterung, z. B. Oxidation oder über etwaige Verunreinigungen eines Öls liefern. Oder ganz simpel: weicht im Trendverlauf die Farbe einer Probe von der der vorhergehenden ab, liegt vielleicht eine Falschbefüllung oder eine Überhitzung vor.

Die Farbeindrücke müssen grundsätzlich vergleichbar sein. Die automatische Bildauswertung kennzeichnet die Farbintensität als „Farbe“ nach DIN ISO 2049. 

Spratztest (Crackle Test)

Mit zur automatischen visuellen Beuteilung gehört auch ein sogenannter „Spratztest“.

Mit ihm wird oft selbst dann Wasser nachgewiesen, wenn das Öl auf den ersten Blick hin unverdächtig aussieht. Bei dieser Bestimmung wird mit einer Pipette ein kleiner Öltropfen (nur 0.2 ml) auf eine ca. 160 °C heiße Edelstahlplatte gespritzt. Wenn das aufgespritzte Öl mehr als ca. 0,1% Wasser enthält, geschieht das Gleiche, wie beim heißen Öl in einer Küchenpfanne in das ein Wassertropfen fällt. Das Öl sprudelt kurz und der Wasserdampf entweicht mit einem spratzenden, zischenden Geräusch. Dabei entstehen, in Verbindung mit der geringen, genau definierten Ölmenge, typische Bläschen bis hin zu stärkere „Spritzer“, die die Bildauswertung nach Aussehen und Verteilung in eine 4-stufige Tabelle entsprechend Wasserwerten zuordnen kann. Diese visuelle Wasserbestimmung ist nicht die einzige Art. Dennoch liefert das „Spratzen“ oft neben der Bestimmung des Wassers mit dem FT-IR oder nach der Karl-Fischer-Methode eine zusätzliche Information für unsere erfahrenen Tribologen.

Abschließend werden Teilproben für die nachfolgende Infrarotspektroskopie und die Viskositätsmessung vorbereitet. Erst danach wird das Probengefäß wieder verschlossen und es verlässt die Automatische Visuelle Beurteilung.