Flender-Schaumtest für Getriebeölanalysen

Erscheinungsjahr: 2009

 

Ob ein Getriebeöl zur Bildung von Oberflächenschaum neigt, wurde OELCHECK bisher von ausschließlich nach dem Verfahren ASTM D 892 bzw. ISO 6247 ermittelt. Dabei wird Luft durch einen porösen Stein in die Ölprobe geblasen, damit Schaum entsteht. Im Test werden seine Bildung und der Zerfall des Oberflächenschaums beobachtet (s. OELCHECKER Frühjahr 2002). Dieses Verfahren hat allerdings keinen großen Bezug zur Praxis. Daher wurde nun im OELCHECK-Labor ein Prüfgerät für die Durchführung des Flender-Schaumtests installiert. Er zeichnet sich durch seine große Praxisnähe aus. Der Flender-Schaumtest liefert besonders dann wertvolle Hinweise, wenn Vermischungen von Ölsorten oder Verunreinigungen ein übermäßiges Schäumen des Öls bewirken. Er ist ein international anerkanntes Testverfahren.

 

Führende Getriebehersteller verlangen für Frischöle den Nachweis eines bestandenen Flender-Schaumtests, bevor sie das Getriebeöl für ihre Antriebe empfehlen.

 

Die mittlerweile zur Carlyle Group gehörende Flender GmbH ist weltweit einer der führenden Hersteller von Komponenten der mechanischen und elektrischen Antriebstechnik. Die breite Angebotspalette reicht von einzelnen Komponenten bis hin zum kompletten Antriebssystem für nahezu alle Industrieanwendungen. Als Experte für Antriebstechnik setzt sich Flender intensiv auch mit allen Fragen der Tribologie und Schmierungstechnik auseinander. In diesem Zusammenhang wurde der Flender-Schaumtest entwickelt, der ursprünglich als Haustest ein wichtiges Kriterium zur Beurteilung der Schaumneigung, vor allem von Industriegetriebeölen war. Flender und auch alle namhaften Getriebehersteller verlangen niedrige Schaumwerte, bevor sie ein Getriebeöl in ihre Schmierstoff- Empfehlungslisten aufnehmen. Der Test ist in der ISO 12152 beschrieben.

Damit moderne Getriebeöle das geforderte Leistungsniveau in Bezug auf den Verschleißschutz erreichen können, sind sie sehr hoch additiviert. Vor allem wegen der EP-Additivierung, aber auch aufgrund neuartiger Grundöle, neigen solche Öle während des Betriebs vermehrt zur Schaumbildung. Um die Bildung von Schaum auf der Öloberfläche zu unterdrücken, werden dem Getriebeöl bereits bei der Produktion Schaum-Inhibitoren, meist auf der Basis von hochviskosen silikonhaltigen Verbindungen, zugemischt. Schaum, der sich auf der Öloberfläche bildet, ist aber nicht immer ein Alarmzeichen.

Erst wenn der Oberflächenschaum eine stabile Schicht auf dem Öl ausbildet, die mehr als einige Zentimeter beträgt und die auch nach 30 Minuten Stillstand nicht mehr zerfällt oder wenn gar Schaum aus Belüftungsfiltern und anderen Öffnungen quillt, ist Gefahr im Verzug. Eine zu starke Schaumbelastung kann durch die im Schmierfilm eingeschlossenen Luftbläschen die Tragfähigkeit des Schmierfilms zwischen Zahnflanken und in Lagern gravierend beeinträchtigen.

Ursachen für ungewöhnlich starkes Schäumen

  • Das Frischöl hat generell ein grenzwertiges Schaumverhalten.
  • Langes Lagern kann zur Entmischung von Antischaum- Zusätzen führen, weil Schauminhibitoren nicht im Öl gelöst, sondern nur dispergiert sind.
  • Ausfiltern von Antischaum-Zusätzen. Bei diesen, bei der Ölherstellung relativ spät zugegebenen Zusätzen, handelt es sich um „Tröpfchen“, die im Gegensatz zu allen anderen Zusätzen auch in 5μm –Filtern hängen bleiben können.
  • Zu wenig Ölvolumen, zu hohe Pumpraten oder zu hohe Drehzahlen.
  • Beim Ölwechsel blieb zuviel des vorher verwendeten, anders additivierten Öltyps im System (Soll: immer weniger als 10% Vermischung).
  • Entschäumeradditiv wurde nachträglich unsachgemäß zugemischt.
  • Verunreinigungen, wie Staub, Abdichtmasse, Montagepaste, Schmierfett, Entfetter, Reste von Metallbearbeitungsflüssigkeiten, Anstrichbestandteile, verschlechtern das Schaumverhalten.
  • Falsch- bzw. Fremdluft, die nach einer Inspektion oder Reparatur der Ölpumpe oder einer Undichtigkeit im Ölkreislauf angesaugt wird.
  • Unverträglichkeit mit anderen Öltypen – es liegt eine deutliche Vermischung vor.
  • Bei neuen Getrieben kann es sich z.B. um eine Vermischung des Erstbetriebsöls mit Restmengen des detergierend wirkenden Spülöls handeln.
  • Bei einer „Umölung“ wurde der Ölkühler nicht entleert. Ein überproportional hoher Anteil des vorherigen Öls befindet sich noch im Getriebe.

 

Nach Testende kann aber nicht nur die Volumenzunahme an der Skala abgelesen werden. Auch eine Unterscheidung zwischen dem eigentlichen Oberflächenschaum und der darunter liegenden Öl-Luft-Dispersion bzw. dem „reinen“ Öl ist möglich.
Die Rückbildung des Schaums wird über einen Zeitraum von 90 Minuten in festgelegten Zeitabständen notiert. Das zeitabhängige Verhalten der Schaumentwicklung bzw. -rückbildung wird so dokumentierbar. Die Bewertung des Schaumverhaltens eines Öls erfolgt an Hand der Volumenzunahme, die das Prüföl eine Minute nach Stillstand der Testapparatur zeigt.

Die Getriebe- und Lagerhersteller gehen davon aus, dass bei einer Volumenvergrößerung von über 15 % die Tragfähigkeit der Verzahnungen und Lagerungen negativ beeinflusst wird. Öle oder Ölmischungen mit derartig hohen Werten werden daher weder von Flender noch von anderen Getriebeherstellern empfohlen. Hinzu kommt, dass Gebrauchtöle mit einer erhöhten Schaumneigung eine deutlich andere Dielektrizitätskonstante aufweisen, wie Frischöle.

Die auf dem Prinzip der elektrischen Leitfähigkeit basierenden Niveau-, Ölqualität- und Feuchtigkeitssensoren vor Ort funktionieren bei Ölen mit starker Schaumneigung nicht mehr zuverlässig und verursachen häufig kostspieligen Fehlalarm.

Unser Rat:
Lassen Sie bei ungewöhnlichem Verhalten von Getriebeölen, besonders nach einem Ölwechsel, das Schaumverhalten von Frisch- und Gebrauchtöl testen, bevor Ihr Getriebe wegen ausgetretenem Schaum zuviel Öl verliert und trocken läuft oder lästige Fehlalarme von Sensoren gehäuft auftreten.

 

So wird der Flender-Schaumtest durchgeführt:
 

Probenmenge: 1 Liter Vor der Untersuchung wird das Öl mindestens zwei Stunden lang nicht bewegt, damit etwaige eingetragene Luft entweichen kann. Die Prüfvorrichtung selber besteht aus einem geschlossenen Getriebegehäuse mit einer Sichtscheibe,  Auf der eine ablesbare Prozentskala aufgebracht ist. Auf zwei senkrecht angeordneten Wellen ist mittig ein Zahnradpaar mit gleichgroßen Zahnrädern mit einem Außendurchmesser von 54 mm und einem Modul von 2 mm angeordnet. Das Prüfgehäuse wird zuerst rückstandsfrei gereinigt und getrocknet. ca. 1000 ml des zu prüfenden Öls werden bis zur Mitte (0-Punkt auf der Glasskala) der waagrecht liegenden Zahnräder eingefüllt und auf 25°C (Raumtemperatur) erwärmt. Probenfarbe und -temperatur werden dokumentiert. Anschließend wird das Räderpaar fünf Minuten lang bei einer Drehzahl von 1405 min-1 in Betrieb gesetzt. Dabei wird das Öl stark verwirbelt und Luft eingetragen Und somit Schaum erzeugt. Durch die graduierte Glasscheibe, mit der das Getriebegehäuse verschlossenen ist, kann vor, während und nach dem Test die Volumenänderung des Öls direkt in Prozent abgelesen werden.

Daneben kommen weitere Ursachen in Frage.

Probleme mit einer vermehrten Schaumbildung treten häufig bei der Umstellung von Mineral- auf Syntheseöle, z.B. in Mobilhydrauliken bei der Umölung von Mineralöl auf Bioöl oder bei Getrieben von Windkraftanlagen auf. Auch wenn Öl im kalten Betriebszustand auf ein anderes Produkt gewechselt wird, kann noch zu viel vom bisherigen Schmierstoff in Schmiertaschen oder doppelwirkenden Zylindern zurückbleiben.
Auch wenn der Schmierstoffhersteller die Mischbarkeit von zwei Ölen bestätigt: Die Verträglichkeit in Bezug auf Oberflächenspannung und Additivierung der Ölmischung ist ein anderes Kapitel, das von Ölherstellern meist ausgeklammert wird. So kann auch eine Mischung von zwei Ölen schäumen, wenn beide Frischöle für sich ein exzellentes Schaumverhalten haben.

Schaum entsteht, wenn Luft- oder Gasblasen, die sich durch Turbulenzen in einer Größe von 5μm bis zu einigen Millimetern bilden, in beruhigten Zonen wie z.B. dem Öltank, aus dem Inneren des Öls an die Oberfläche aufschwimmen und dort nicht gleich zerfallen. Wie stark die Neigung zur Bildung von Schaum in einem bestimmten Getriebeöl ist und wie lange er benötigt, um sich wieder aufzulösen, kann bereits im Vorfeld im Labor geprüft werden. Zum einen dient dazu der „statische“ Schaumsteintest nach ASTM D 892 bzw. ISO 6247. Allerdings ist diese Methode für die Untersuchung von Getriebeölen nicht so praxisnah wie der jetzt auch im OELCHECK-Labor installierte „dynamische“ Flender-Schaumtest. Mit ihm lässt sich vor allem auch das Schaumverhalten von praxiskonformen Mischungen unterschiedlicher Getriebeöle untersuchen. Die Volumenzunahme wird dann gemäß Flender wie folgt beurteilt:

bis 5% gutes Schaumverhalten bis 10% befriedigendes Schaumverhalten bis 15% noch zulässiges Schaumverhalten über 15% unzulässiges Schaumverhalten