Buntmetall-Inhibitor
In regelmäßigen Abständen kommen weiterentwickelte Schmierstoffe auf den Markt. Die Formulierung dieser Hightech-Produkte, die meist auf synthetischen Grundölen und Additiven basieren, hat auch unmittelbare Auswirkungen auf die Schmierstoff-Analytik. OELCHECK investiert daher konsequent in innovative Prüfverfahren und entwickelt neue Analysemethoden – meist auf der Basis von genormten Prüfverfahren. Brandneu ist die Untersuchung des in Gebrauchtölen noch vorhandenen Restgehalts an Buntmetall-Inhibitoren mittels Hochdruck-Flüssigkeitschromatograpie (HPLC). OELCHECK nutzt das Verfahren bisher für die Analyse von Kühlmitteln. Neuerdings kann mit der HPLC-Methode aber auch der Abbau von Buntmetall-Inhibitoren, wie sie in Getriebeölen zur Verhinderung von Buntmetall-Verschleiß eingesetzt werden, frühzeitig entdeckt werden.
Am Anfang unserer neuen Untersuchungsmethode für Buntmetall-Inhibitoren (BMI-Gehalt) stand ein spannender Fall, der den OELCHECK-Tribologen zunächst etwas Kopfzerbrechen machte. Öl aus einem Hauptgetriebe einer Windkraftanlage, das mit ca. 600 Litern eines synthetischen Getriebeöls befüllt war, wurde über einen Zeitraum von sechs Jahren dreimal untersucht. Die ermittelten Werte zeigten, dass kein Ölwechsel erfolgen musste, weil die Analysenwerte immer unauffällig waren. Erst durch eine genauere Betrachtung der Probe des am längsten eingesetzten Öls wurden Veränderungen deutlich, die völlig aus dem erwarteten Rahmen fielen! Die Ölproben wurden in unregelmäßigen Abständen jeweils nach 12.600, 43.800 und 52.700 Bh entnommen. Dabei zeigte sich eine Veränderung der Ölfarbe, die auch im Laborbericht fotografisch dokumentiert wurde. Obwohl eine Bewertung der Ölfarbe nicht genormt ist, ermöglicht sie dem Praktiker eine erste Einschätzung einer Ölveränderung im Vergleich mit dem Frischöl oder einer vorherigen Probe. Im geschilderten Fall war die erste Probe noch hell und klar. Danach hatte sich das Öl in der relativ kurzen Zeitspanne bis 52.700 Bh bis hin zu einem dunklen Braun verfärbt. Da die übrigen Analysenwerte, mit Ausnahme des Kupfergehalts, keine Auffälligkeiten zeigten, lieferte das dunkel gewordene Öl alleine noch keinen Hinweis für einen Ölwechsel. Dennoch waren die OELCHECK-Tribologen alarmiert. Sie nahmen, u.a. wegen des Kupfers, zunächst die optische Veränderung seit der letzten Probe genau unter die Lupe und verglichen sie mit den Farben der vorhergehenden Proben und des Frischöls.
Allerdings wiesen weder die ermittelten Werte, noch die FT-IR-Spektroskopie auf eine signifikante Ölalterung oder eine Ölvermischung hin. Die Viskosität und der Viskositätsindex waren stabil geblieben, die Neutralisationszahl kaum angestiegen, die Ölreinheit befand sich im tolerierbaren Rahmen. Auch der Phosphor- und Schwefelgehalt, der typisch für den Additivanteil ist, war in der dunklen Probe nur leicht gesunken. Bei den Verschleißmetallen waren, mit Ausnahme von Kupfer, keine Hinweise auf einen deutlich angestiegenen Verschleiß zu erkennen. Der hohe Kupferwert deutete ganz klar auf einen korrosiven Verschleiß von kupferhaltigen Bauteilen wie z.B. Wälzlagerkäfigen hin, wobei Kupfer alleine keine Ursache für eine Ölverfärbung ist.
Inhaltsverzeichnis
Die Ölalterung und ihre klassischen Parameter
Für die Betrachtung von Verschleißwerten nutzt OELCHECK eine interne Datenbank, in der die für jeden Anlagentyp zulässigen Grenz- und Warnwerte auf der Basis von mehreren 100.000 analysierten Proben definiert wurden. Anhand des Limits für den Kupferwert wurde der Zustand des Getriebes als „kritisch“ beurteilt. Eine eindeutige Ursache für den ungewöhnlich angestiegenen Kupfergehalt konnte aber selbst mit den mehr als 30 analysierten Werten nicht gefunden werden. Die OELCHECK-Tribologen berieten mit der Laborleitung über Methoden, mit denen eine Klärung möglich wäre. Auffällig war, dass der hohe Kupferanstieg und die dunkle Verfärbung des Öls über eine relativ kurze Zeitspanne von weniger als 10.000 Bh erfolgte. Additive bauen sich ab oder verlieren einen Teil ihrer Wirksamkeit. Auch synthetische Grundöle verschlechtern sich. Oft gelangen auch Verunreinigungen oder Schmierfett ins Öl. Die meisten Prozesse stehen miteinander in Wechselwirkung.
Zusätzlich können z.B. die unterschiedlichen Grundöle oder Additive einzelner Produktionschargen, andere Betriebstemperaturen oder -bedingungen, veränderte Laufzeiten oder Stop-and-Go-Betrieb die Ölalterung ganz individuell beeinflussen. Diese Veränderungen werden im Laborbericht unter der Überschrift „Ölalterung“ erfasst. So vielfältig wie diese Faktoren sind auch die klassischen Parameter der Schmierstoff-Analyse, die meist mit genormten Methoden Werte ermitteln. Mit deren Hilfe wird der Zustand oder die Alterung eines Öls beurteilt. Erst eine Verknüpfung der unterschiedlichen Informationen ermöglicht eine treffsichere Diagnose. Im Zusammenhang mit der Ölalterung von Getriebeölen wird zusätzlich zu der subjektiven Beurteilung von Aussehen und Farbe, auch die Veränderung von Viskosität und Viskositätsindex, der Säuregehalt und die noch vorhandenen Additive mit den Werten des Frischöls verglichen. Dabei zeigt sich die Oxidation auch in einem Spektrum, das mit der FT-IR-Spektroskopie (Fourier-Transform-Infrarot-Spektroskopie) aufgenommen wird.
Die bewährte FT- IR-Methode und ihre Grenzen
Das FT-IR-Spektrum einer Gebrauchtöl-Probe liefert, meist allerdings nur im Vergleich mit dem Spektrum eines entsprechenden Frisch- oder Referenzöl-Spektrums, Informationen über Ölveränderungen oder Vermischungen. Mittels Sauerstoffbindungen, die sich in einer Probe ändern, kann auf die Öloxidation geschlossen werden. Dieses genormte Verfahren hat sich für klassische Mineralöle etabliert. Doch bei synthetischen Ölen, deren Grundöle auf PAO (Poly-Alpha-Olefin) oder PAO mit Ester-Basis aufgebaut sind, oder deren Additive solche synthetischen Komponenten enthalten, lässt sich die Oxidation mit der FT-IR-Spektroskopie nicht mehr eindeutig quantifizieren. Mit dem Spektrenvergleich lässt sich die Ölalterung nur erkennen, wenn die im Schmierstoff vorhandenen Moleküle das Infrarotlicht bei bestimmten Wellenlängen unterschiedlich absorbieren. Die Oxidation eines Gebrauchtöls wird normgerecht am Differenz-Spektrum aus Gebraucht- und Frischöl bei einer Wellenzahl von 1710 cm-1 ermittelt und als Zahlenwert in A/cm (Absoption pro cm Ölschichtstärke) ausgegeben. Bei einem Schmierstoff mit einem mineralölbasischen Grundöl weist ein relativ kleiner „Peak“, der im Gebrauchtölspektrum kontinuierlich ansteigt, auf eine zunehmende Öloxidation hin. Die auf der Basis von Sauerstoffkonzentrationen arbeitende FT-IR-Spektroskopie liefert jedoch keine deutliche Information, wenn Öle oder Additive esterhaltige Komponenten enthalten. Die esterhaltigen Komponenten überdecken einen Oxidationspeak im FT-IR-Spektrum, da sich in einem esterhaltigen Öl ein übergroßer Peak im Wellenzahl-Bereich um 1740 cm-1 ausbildet. Daher zeigt sich bereits im Infrarot-Spektrum von synthetischen Frischölen meist ein übergroßer „Peak“ im Wellenzahl-Bereich um 1740 cm-1. Werden nun die Spektren von Frisch- und Gebrauchtöl miteinander verglichen, ist ein durch eine etwaige Öloxidation verursachte „Peakveränderung“ nicht mehr eindeutig zu erkennen.
Wenn der schöne Schein trügt
Eine Aussage zur Oxidation vermittelt Informationen zum allgemeinen Alterungszustand des Schmierstoffs. Aber im beschriebenen Fall des synthetischen Getriebeöls war eine sichere Diagnose schwierig. Häufig zeigen Syntheseöle über einen Zeitraum von mehreren 1.000 Bh auffällige Veränderungen in Form von zunehmendem Verschleiß oder einer Ölalterung. Doch unerwartet schnell nehmen einige Verschleißwerte, vor allem für Buntmetalle, wie Kupfer und Zink, ohne Vorwarnung stark zu. Häufig tritt dabei eine dunkle Verfärbung des Öls auf. Diese Farbveränderung allein ist aber noch kein Hinweis auf eine kritische Veränderung des Öls. Erst wenn das dunkel gewordene Öl unerwartet hohe Werte für Kupfer und Zink aufweist, ist dies ein Alarmsignal.
Schneller und genauer mit HPLC
Die klassische Ölanalyse liefert wertvolle Hinweise auf Veränderungen im Schmierstoff und deren Auswirkungen. Der Instandhalter erhält rechtzeitig Informationen über eine Viskositätsveränderung, steigenden Wassergehalt, Säuren im Öl oder Verunreinigungen. Die Fragestellung, warum das dunkel gewordene Öl in unserem Beispiel einen so hohen Kupfergehalt zeigte, ließ sich mit den Untersuchungen eines klassischen OELCHECK-Analysensets nicht beantworten. Die OELCHECK-Tribologen mussten einen völlig neuen Ansatz entwickeln! Für die Untersuchung des Getriebeöls setzten sie erstmals die Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie (HPLC) ein. Mit dem HPLC-Gerät wird normalerweise geprüft, ob die im Kühlmittel erwartete Menge an Inhibitoren noch vorhanden ist. Ein dem Kühlmittel zugesetzter Inhibitor verlangsamt bzw. hemmt chemische oder physikalische Entwicklungen.
Als Inhibitoren werden Azole, wie Tolyltriazole und/oder Benzotriazole, verwendet. Sie schützen Bauteile mit buntmetallhaltigen Oberflächen vor korrosiven Angriffen. Buntmetall-Inhibitoren werden auch in Schmierstoffen zum Schutz von Oberflächen verwendet. Mit zunehmender Einsatzzeit können sich diese Additve jedoch abbauen und an Wirksamkeit verlieren. Wenn es nun gelingt, den Abbau dieser schützenden Wirkstoffe frühzeitig und treffsicher zu erkennen, kann ein drohender korrosiver Angriff auf die geschmierten Elemente früher erkannt und dokumentiert werden. Buntmetall-Inhibitoren lassen sich mit einer Elementanalyse, der FT-IR-Spektroskopie oder anderen genormten Verfahren nicht ermitteln. Doch mit der Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie verfügt OELCHECK über das ideal geeignete Laborgerät. Die beiden bei 43.800 und 52.700 Bh entnommenen Proben des synthetischen Getriebeöls und eine Frischölprobe wurden mittels HPLC untersucht. Die Ergebnisse bestätigten die Vermutung der OELCHECK-Tribologen. Das HPLC-Diagramm des Frischöls (blau) zeigt dessen hohen Gehalt an Tolyltriazol. Im Diagramm der Probe nach 43.800 Bh (grau) ist schon sein starker Rückgang zu erkennen. Nach 52.700 Bh (rot) tendiert der Gehalt des Buntmetall-Inhibitors gegen Null. Der Verschleiß hat bereits eingesetzt! Mit einer Information über den starken Abfall des Buntmetall-Inhibitors bei 43.800 Bh wäre es, z.B. durch einen Ölwechsel, möglich gewesen den zunehmenden Kupferverschleiß rechtzeitig zu stoppen.
Beispiele in der OELCHECK-Datenbank, in der über 3 Millionen Datensätze gespeichert sind, zeigen, dass der Anstieg von Buntmetallen noch deutlich stärker ausfallen kann. Bei Vergleichsproben stiegen Werte von Kupfer und Zink innerhalb von weniger als 2.000 Bh auf Konzentrationen von weit über 100 mg/kg an, ohne dass eine Ursache dafür gefunden werden konnte. Mit dem HPLC-Verfahren steht OELCHECK nun eine Methode zu Verfügung, mit der Buntmetall-Verschleiß früher ermittelt werden kann. Entsprechend gewarnt, können Schäden und kostenintensive Reparaturen häufig vermieden werden. Allerdings ist das Verfahren relativ aufwändig, weil das Gerät nach jeder analysierten Probe wieder neu mit dem zu untersuchenden Öl kalibriert werden muss.
Gehalt des Buntmetall-Inhibitors (BMI) als Sonderuntersuchung
Mit der klassischen Ölanalyse werden im Rahmen eines Analysensets Ölzustand und Verschleiß treffsicher festgestellt. Doch mit der Untersuchung des Gehalts an Buntmetall-Inhibitoren steht eine weitere Methode zur Verfügung, aus deren Ergebnissen früher auf etwaige korrosive Verschleißvorgänge an Buntmetallbauteilen geschlossen werden kann als bisher. OELCHECK empfiehlt das neue BMI-Verfahren zur Untersuchung von Getriebeölen, um die Betriebssicherheit zu erhöhen und besonders dann, wenn ein erhöhter Buntmetallanteil (Kupfer, Blei, Zinn) nachgewiesen wird. Mit der Prüfung des BMI-Gehalts mittels Hochleistungs-Flüssigkeitschromatograpie (HPLC) wird im OELCHECK-Laborbericht unter der Rubrik „Zusatzteste“ der verbleibende Restgehalt des Buntmetall-Inhibitors in % im Vergleich zum Frischöl angegeben.
OELCHECKER Frühjahr 2019, Seiten 6-7