Norm für die AN (Acid Number)

Mineralölbasische oder synthetische Grundöle sind bis auf wenige Ausnahmen neutral, d.h. sie haben einen pH-Wert, der auf der Skala von 0 (extrem sauer) bis 14 (extrem alkalisch) bei 7 liegt. Doch Additive, die dem Grundöl zugegeben werden, beeinflussen den pH-Wert. Einige Verbindungen, wie z.B. Verschleiß- und Korrosionsschutzadditive, reagieren leicht sauer. Der Gehalt an sauren Verbindungen im Öl steigt auch im praktischen Einsatz weiter an, z.B. durch Oxidation. Je länger ein Öl im Einsatz ist, je höher die Betriebstemperaturen liegen und je mehr Verunreinigungen im Öl sind, umso mehr steigt die säurebildende Öloxidation. Eine Anreicherung von Säuren im Öl beschleunigt die Oxidation und kann die Viskosität erhöhen. Im Extremfall wird das zu dick gewordene Öl nicht mehr in ausreichender Menge zur Schmierstelle gefördert. Wenn freie Säuren vorhanden sind und die Korrosionsinhibitoren verbraucht sind, kann es zur Korrosion an allen ölbenetzten Oberflächen kommen.

Inhaltsverzeichnis

  1. Neutralisationszahl (NZ) und Acid Number (AN)
  2. Warum die Umstellung von pH 10 auf pH 11?
  3. Vergleichbarkeit der AN-Werte

Neutralisationszahl (NZ) und Acid Number (AN)

Die Bestimmung des Säureanteils ist ein wichtiger Parameter bei der Beurteilung von allen Arten von Gebrauchtölen. Je nach Öltyp haben sich unterschiedliche Analysenmethoden etabliert. Die Vorgehensweise bei der Bestimmung ist jedoch immer sehr ähnlich. Eine Schmierölprobe, deren Einwaage (2 bis 20 g) von dem zu erwartenden Resultat abhängig ist, wird mit einem Lösungsmittelgemisch, das geringe Mengen an Wasser enthält, intensiv verrührt. Dabei werden die Säurebestandteile aus dem Öl in das Wasser überführt, denn die Säuren lassen sich nicht im Öl direkt, sondern nur in der „wässrigen Phase“ mittels Titration detektieren. Dabei wird der Probe „tröpfchenweise“ Kalilauge (KOH) als starke Base so lange zugesetzt, bis das Öl „neutral“ ist. Wenn alle Säuren durch die Kalilauge neutralisiert sind, führt eine weitere zugegebene geringe KOH-Menge zu einem sprunghaften Anstieg des pH-Werts. Aus dem Verbrauch an KOH bis zum Erreichen dieses neutralen „Umschlagspunkts“ kann dann der Säuregehalt in der Probe errechnet und in mg KOH/g Öl angegeben werden.

Die Bestimmung der NZ (Neutralisationszahl) und der AN (Acid Number) nutzen das gleiche Prinzip. Für die NZ-Bestimmung wird dem Wasser-Lösungsmittelgemisch noch ein Farbindikator zugegeben, dessen Farbe sich genau am Umschlagspunkt ändert. Ein Laborant kann diese Farbänderungen erkennen. Die aufwändigere AN wird meist dann bestimmt, wenn eine Probe zu dunkel zur Beobachtung des Umschlagspunkts ist. Die Probe wird mit dem gleichen Lösungsmittelgemisch wie für die NZ-Bestimmung, allerdings ohne Indikator, gerührt. Es wird dann – meist mit einem Automaten – so lange Titriermittel (KOH) in kleinen Schritten mittels einer Bürette zudosiert, bis eine Elektrode, die permanent den pH-Wert aufzeichnet, den Umschlagspunkt signalisiert. Der Verbrauch an KOH bis zu diesem Punkt wird als AN in mg KOH/g Öl angegeben. Doch nicht jede Titrationskurve verläuft so, dass ein eindeutiger Umschlagspunkt definiert werden kann. Damit dennoch der Säureanteil im Öl angegeben werden kann, wird die AN so bestimmt, dass die Titration bis zu einem Potenzial, das zuvor in einem alkalischen Puffer gemessen wurde, titriert wird. Über viele Jahre hinweg erfolgte bei der „alten“ AN-Bestimmung (ASTM D664) diese Titration bis zu einem pH-Wert von 11 (-240mV). Nach der heute gültigen ASTM D664 Norm wird jetzt nur noch bis zu einem „Puffer“, einem pH-Wert von 10 (-180mV) titriert.

Durch diese Normänderung wird der Verbrauch an KOH zum Erreichen von pH 10 anstelle der bisherigen 11 also geringer. Der seit der Gültigkeit der neuen AN Norm in den OELCHECK-Laborberichten angegebene AN-Wert ist, was besonders im Zusammenhang mit Trendanalysen zu beachten ist, also systematisch geringer, als bei Verwendung des pH 11 als Puffer.
Denn die Formel für die AN lautet:

AN=VKOH ∙5,61EW   EW=Einwaage

Warum die Umstellung von pH 10 auf pH 11?

Bei der ersten Formulierung für die ASTM-Norm wurden organische Pufferlösungen verwendet. Bei dem danach erfolgten Umstieg auf wässrige Puffer wurde pH 11 als Puffer gewählt, da die mit dem pH 11 erzielten Ergebnisse der Ausgangsnorm am nächsten kommen. Mit den neuesten Analysenautomaten stellte es sich jedoch heraus, dass bei der Verwendung des pH 11 als Puffer systematisch ein zu hoher Wert gemessen wurde. Im Normengremium, bei dem auch OELCHECK Mitglied ist, wurde auf der Basis von Vergleichsversuchen der Puffer auf pH 10 heruntergesetzt, weil er wesentlich stabilere und besser vergleichbare Ergebnisse liefert. Neben diesem Puffer ist noch ein Puffer bei pH 4 (180mV) definiert. Mit dem Verbrauch von KOH bis zum Erreichen dieses pH 4 kann dann die SAN (Strong Acid Number) berechnet und in mg KOH/g Öl angegeben werden. Die SAN zeigt nur die überaus aggressiven Säuren, die lediglich bei einem pH-Wert von unter 4 existieren. Wenn derartige Säuren, wie z.B. in Deponiegas vorhanden, im gebrauchten Gasmotorenöl nachgewiesen werden, ist ein sofortiger Ölwechsel erforderlich.

Vergleichbarkeit der AN-Werte

Bei der Beobachtung von Trendanalysen fällt auf, dass ab 2019 niedrigere AN-Werte in Ihren Laborberichten ausgewiesen werden. Dies ist kein Laborfehler! Da die „alten“ AN-Werte mit Puffer pH 11 ermittelt wurden, können sie nicht mit den Werten verglichen werden, die nach der „neuen“ Norm mit dem Puffer pH 10 errechnet werden. Es gibt leider auch keinen Umrechnungsfaktor, der hier Klärung schaffen könnte. Allerdings wird Ihnen von OELCHECK die Möglichkeit geboten, den „alten“ Wert auf Nachfrage zu erhalten, denn wir bestimmen heute beide Werte. So können wir im Zweifelsfall auch immer noch, trotz geänderter Norm, auf diese „alten“ Werte zurückgreifen.

Quelle:

OELCHECKER Frühjahr 2019, Seite 3