Schwefel im Öl – Verunreinigung, Ölbestandteil oder Additiv?

Auf meinem OELCHECK-Laborbericht wird unter der Rubrik „Additive“ der Schwefelgehalt angegeben. Dieser meist relativ hohe Wert fällt direkt ins Auge.
Was bedeutet der hohe Schwefelgehalt im Zusammenhang mit meinem Schmierstoff?

Inhaltsverzeichnis

  1. Schwefel bei OELCHECK
  2. Schwefel ist nicht gleich Schwefel
  3. Schwefel aus dem Grundöl
  4. Schwefel als Additiv
  5. Schwefel als Verunreinigung

Schwefel bei OELCHECK

OELCHECK bestimmt über 30 Elemente mit einem AES-Gerät von PerkinElmer, das nach dem ICP-Prinzip arbeitet. Damit werden Additiv-, Verunreinigungs- und Verschleißmetalle bestimmt, die z. T. nur dann im Bericht angegeben werden, wenn sie nachgewiesen worden sind.

Die Angabe von Schwefel ist auf fast allen OELCHECK-Laborberichten im Bereich Additive zu finden und ergänzt so vorhandene Elemente wie Kalzium, Magnesium, Bor, Zink, Phosphor, Molybdän und Barium.

Oft ist Schwefel der höchste Wert.

Schwefel ist nicht gleich Schwefel

Für das Vorhandensein von Schwefel im Öl kann es verschiedene Ursachen geben. Bei Mineralölen ist Schwefel meist ein Bestandteil des Grundöls, Schwefel kann dem Öl aber auch als Verschleißschutz-Additiv zugegeben werden. Und in manchen Fällen stellt er eine Verunreinigung dar.

Schwefel aus dem Grundöl

Das Ausgangsprodukt für die meisten Schmier- bzw. Kraftstoffe ist Erdöl. Das Roh- oder „Crudeoil“ besteht zum Großteil aus Kohlenwasserstoffen. Bei seiner Förderung ist es stark mit Wasser, Schwefel, Stickstoff, Sauerstoff und mit festen Fremdstoffen oder metallischen Elementen verunreinigt. Je nachdem aus welchem Teil der Erde das schwarze Gold stammt, kann der Schwefelgehalt unter 1% (10.000 mg/kg bzw. ppm) oder bis etwa 6% (60.000 ppm) betragen.

Aus schwefelarmem Öl können Fertigprodukte mit geringerem Aufwand gewonnen werden, denn der Schwefel muss sehr aufwändig in der Raffinerie aus dem Erdöl entfernt werden. Daher beeinflusst der Schwefelgehalt auch den Preis des Erdöls. Schwefel ist im Rohöl in verschiedenen Verbindungsformen, wie z. B. als Schwefelwasserstoff (H2S), gebunden.

Zuviel Schwefel im Grundöl von Schmierstoffen kann u. a. Säurebildung verursachen, die Buntmetallkorrosion bewirkt. Um dies zu vermeiden, muss das Ausgangsprodukt entschwefelt werden. In Deutschland ist der maximal zulässige Schwefelgehalt einiger Mineralölerzeugnisse, besonders von Kraftstoffen, per Gesetz vorgeschrieben.

Um die Schadstoffemissionen zu senken, darf zum Beispiel im Dieselkraftstoff maximal 10 ppm oder 0,001% Schwefel enthalten sein. Dank dieser Reglementierung ist die Umweltbelastung durch sauren, schwefelsäurehaltigen Regen drastisch zurückgegangen.

Wie hoch allerdings der Schwefelgehalt im Grundöl ist, das für die Produktion eines Motor-, Getriebe- oder Hydrauliköls verwendet wird, hängt von seiner geographischen Herkunft, dem Grad der Entschwefelung und letzten Endes vom dafür bezahlten Preis ab. Selbst Öle vom gleichen Produzenten und mit identischer Produktbezeichnung können erhebliche grundölbedingte Unterschiede beim Schwefelgehalt aufweisen, besonders dann, wenn die Öle in verschiedenen Ländern produziert werden.

 

Schwefel als Additiv

Zur Verhinderung von Verschleiß und zur Reduzierung der Reibung werden vielen Ölen schwefelhaltige EP- (Extrem Pressure), HD-(Heavy-Duty) und AW- (Anti-Wear) Additive (Hochdruck- und Verschleißschutz-Zusätze) zugegeben. Diese sind sehr polar und lagern sich an der Metalloberfläche an. Unter Belastung kommt es zu einer chemischen Reaktion zwischen den metallischen Rauheitsspitzen der Oberflächen mit den aus Schwefel- und Phosphorverbindungen bestehenden Additivkomponenten.

Dabei bildet sich eine Reaktionsschicht, die den Verschleiß und die Reibung reduziert. Der Werkstoff in der Reaktionsschicht ist etwas weicher, so dass ein Abbrechen oder örtliches Verschweißen der Rauheitsspitzen vermieden wird und sich die Gefahr von „Fressen“ verringert. Die Oberflächenrauhigkeit verändert sich und der Traganteil der Oberfläche wird vergrößert.

Im Labor kann allerdings nicht festgestellt werden, wie viel „aktiver“, d. h. durch Additive zugegebener und damit positiv wirksamer Schwefel in einer Ölprobe vorhanden ist oder wie viel „gebundener“ Schwefel aus dem Grundöl stammt. Selbst bei Ölen mit gleicher Viskosität kann nicht auf den gleichen Ausgangswert für Schwefel geschlossen werden. Wie viel EP/AW Additiv für ein funktionierendes Öl benötigt wird und somit auch wie hoch der Gesamt-Schwefelgehalt in dem Öl ist, hängt vom Öltyp und den Anforderungen der Anwendung ab. Bei Ölen für Hypoidgetriebe ist der Verschleißschutz an den Zahnflanken unter erschwerten Mischreibungsbedingungen wesentlich.

Dementsprechend hoch (bis zu 3% bzw. 30.000 mg/kg) kann auch der Schwefelgehalt ausfallen. Die Werte in der nachstehenden Tabelle dienen lediglich der Orientierung. Abhängig von der Additivphilosophie des Ölherstellers und der Entschwefelung des Grundöls kann es zu erheblichen Abweichungen kommen. Da die synthetischen Grundöle aus technischen Gasen ohne Schwefelanteil hergestellt werden, ist der Schwefelgehalt in Bioölen oder anderen synthetischen Schmierstoffen meist nur durch Additive bedingt und deswegen deutlich geringer als bei Mineralölen.

Typische Schwefelwerte

Motoröle

5.000 - 18.000 ppm

Hydrauliköle

1.000 - 6.000 ppm

Hydrauliköle (zinkfrei)

1.000 - 15.000 ppm

Synthetische Hydrauliköle

100 - 3000 ppm

Industriegetriebeöle

3.000 - 20.000 ppm

Hypoidgetriebeöle

5.000 - 30.000

Turbinenöle (ohne EP)

< 10 - 300 ppm

Umlaufschmierung

1.000 - 10.000 ppm

Diesel

< 10 ppm

Heizöl schwefelarm

< 50 ppm

Benzin

< 10 ppm

Biodiesel, Rapsöl

< 10 ppm

Schwefel als Verunreinigung

In den meisten Anwendungen wird sich der Schwefelgehalt während der Gebrauchsdauer des Öls nur wenig verändern. Die Höhe ist im Wesentlichen vom Ausgangswert für das Frischöl abhängig. Da Kraftstoffe heute nur noch wenig Schwefel enthalten dürfen, sind selbst bei hohem Kraftstoffeintrag auch bei gebrauchten Motorölen kaum noch kraftstoffbedingte Veränderungen beim Schwefel festzustellen.

Gasmotoren werden zunehmend mit Biogas betrieben. Schwefelwasserstoff ist ein Gas, das häufig bei Faulprozessen durch das Zersetzen der Eiweiße entsteht. Bei dem Betrieb von Gasmotoren mit Bio- oder Klärgasen kann der aus dem Gas stammende Schwefel in Form von schwefligen Säuren auch in das Gasmotoröl gelangen und sich hier schädlich anreichern. Die Trendbeobachtung des Schwefelgehaltes kann in diesen Fällen Hinweise auf notwendige Ölwechsel wegen z. B. schwankenden Gasqualitäten geben.

Fazit
Die Höhe des Schwefelgehaltes in einem Öl hängt fast ausschließlich von den Faktoren Grundöl und Additivierung ab. Wie bei allen anderen Additivelementen ist aber eine qualitative Beurteilung eines Öls anhand des Schwefelanteils nur sehr schwer möglich. Die Elementanalyse alleine gibt keine eindeutigen Hinweise darüber, ob der Schwefel aus dem Grundöl kommt oder ob er dem Öl als Additivkomponente zugemischt wurde. Sollte es aber aus Ihrem Tank nach faulen Eiern riechen, ist das meist ein Hinweis, dass der Schwefel als Additiv zugegeben wurde. Der unangenehme Geruch tritt nicht auf, weil das Öl schlecht geworden ist. Vielmehr wurde der Schwefel als Verschleißschutz so stark gefordert, dass sich seine chemische Form veränderte. Ob er in diesem Fall noch ausreichend wirkt und ob das Öl noch weiter verwendungsfähig ist, zeigt eine komplette Ölanalyse mit der Beobachtung des Schwefelgehaltes im Vergleich zum Frischöl.