Ein Laborbericht ohne Angabe des Wassergehalts

Erscheinungsjahr: 2023

In unseren Laborberichten haben Sie bisher immer einen Wert für den Wassergehalt in % ausgewiesen, der mittels FT-IR ermittelt wurde. Nun haben wir erstmals ein Öl auf Polyglykolbasis mit einem Ihrer Allinclusive Standardsets analysieren lassen und im Laborbericht fehlt dieser Wert. Gibt es dafür eine Erklärung?

Keine Sorge, wir haben den Wert für Wasser mittels FT-IR (%) nicht vergessen! Bei Ihrem Polyglykolöl ist es nur nicht zielführend, den Gehalt an Wasser nach dieser Methode zu bestimmen. Und dafür gibt es sowohl Gründe, als auch eine alternative Möglichkeit!

Polyglykole sind anders

Polyalkylenglykole (PAG), kurz als Polyglykole bezeichnet, sind keine Öle im herkömmlichen Sinne, sondern Polyether. Diese werden aus mehrwertigen Alkoholen durch Polymerisation hergestellt. Da Polyglykolöle über eine hohe natürliche Druckaufnahmefähigkeit verfügen, werden sie vorrangig zur Schmierung von Wälz- und Gleitlagern und von Schneckengetrieben eingesetzt. Als Hochtemperaturöle finden sie u.a. Verwendung in Kompressoren- und Härteölen sowie in Metallbearbeitungs- und Wärmeträgerflüssigkeiten. Polyglykolöle verfügen über eine bessere physiologische Verträglichkeit als Mineralöle und kommen daher häufig auch als Schmierstoffe gemäß NSF-H1 in der Nahrungsmittelindustrie zum Einsatz. Außerdem dienen sie als Basis für schwerentflammbare Hydraulikfluids, aber auch für biologisch abbaubare Hydraulikflüssigkeiten des Typs HEPG (Hydraulicoil Environmental PolyGlycol).

Wasser in Polyglykolen

Polyglykolöle weisen in der Regel ein erhöhtes Lösungsvermögen von Wasser auf. Einige von ihnen sind sogar hygroskopisch. Haben sie Wasser aufgenommen, setzt sich dieses nicht ab und kann daher auch nicht abgezogen werden.

Abhängig von den eingesetzten Ausgangsstoffen und der Polymerisation können Polyglykolöle Wasser in einem sehr weiten Konzentrationsbereich von einigen Hundert ppm bis in einen zweistelligen Prozentbereich aufnehmen. Hier stößt die Wasserbestimmung mit der IR-Methode aber genauso an ihre Grenzen wie etwa bei Syntheseölen auf Esterbasis oder bei Schmierfetten. Bei der Untersuchung von Glykolen kommt eine Sache erschwerend hinzu: in ihrer Struktur finden sich sogenannte „Hydroxygruppen“. Diese werden im IR-Spektrum im selben Bereich nachgewiesen wie Wasser. Dadurch kann es zu deutlichen Unschärfen bei der Bestimmung von Wasser kommen.

Als zuverlässige Alternative wird der Wassergehalt von Polyglykolen mit einem Titrator bestimmt. Dabei kommt das Karl-FischerVerfahren zum Einsatz. Titration ist ein Verfahren zur quantitativen Analyse in der Chemie. Ein bekannter Stoff wie z. B. Wasser, dessen Konzentration im Öl unbekannt ist, wird in einer gezielten chemischen Reaktion mit einer Maßlösung umgesetzt, deren Konzentration genau vorgegeben ist.
Mit der sogenannten coulometrischen Methode nach Karl-Fischer lassen sich extrem niedrige Wasserkonzentrationen im Spurenbereich von 10 ppm (mg/kg) bis hin zu Werten von etwa 10.000 ppm (mg/kg), also 1 %, im Öl nachweisen. Somit ist dieses Verfahren das Mittel der Wahl für Polyglykole und esterbasische Produkte aber auch für Isolieröle auf Mineralölbasis, viele Hydraulik- und Getriebeöle, sowie Kälteverdichteröle, die im Betrieb jeweils Wasser nur in geringen Mengen aufnehmen können.

Bei Produkten auf Polyglykolbasis, die von Haus aus einen hohen Wassergehalt haben, wie schwer entflammbare Hydraulikfluide, bestimmen wir den Wassergehalt mit der volumetrischen Variante der Karl-Fischer-Titration.

Lesen Sie dazu auch den Artikel „So präzise weist OELCHECK Wasser nach“. Erschienen im OELCHECKER Sommer 2021

Wasserbestimmung nach Karl-Fischer

Für jeden Schmierstofftyp bzw. jeden Betriebsstoff, jede Branche und Fragestellung stehen maßgeschneiderte OELCHECK All-inclusive Analysensets mit einer Kombination der passenden Prüfverfahren zur Verfügung. In unserem Analysenset 1 (Set weiß) ist für die meisten Anwendungen bereits eine Wasserbestimmung mittels FT-IR enthalten.

Wie aber oben erklärt, ist es in vielen Fällen die bessere Wahl die Wasserbestimmung mittels der Karl-Fischer Methode durchzuführen. Bei der Auswahl des passenden Sets sind wir Ihnen gerne behilflich.