Verschleißmetalle hoch, Reinheitsklassen normal?

Erscheinungsjahr: 2013

 

Seit Jahren lassen wir die Hydrauliköle unserer Bagger durch begleitende Ölanalysen von Ihnen überwachen. Dabei wurden immer wieder einmal eine zu schlechte Ölreinheit, viele Verunreinigungen oder zu hohe Wasseranteile entdeckt. Doch nun haben wir von Ihnen einen Laborbericht erhalten, der hohe Verschleißwerte zeigt, aber bei dem überraschenderweise die Reinheitsklassen völlig normal sind. Müsste die Ölreinheit bei einer relativ starken Zunahme der Verschleißmetalle nicht auch wesentlich schlechter ausfallen?

OELCHECK antwortet:

Dieser Rückschluss erscheint durchaus richtig. Im Prinzip müssten alle Werte ansteigen. Vorausgesetzt, es handelt sich bei den nachgewiesenen Metallen wirklich um Partikel, die durch abrasiven Verschleiß entstanden sind. Dies scheint im Fall Ihres Hydraulikbaggers nicht der Fall zu sein. Die bei uns gemessenen Verschleißwerte, die sich mit Anstieg von Kupfer, Chrom und Eisen zeigen, sind eindeutig. Allerdings stammen die Metalle nicht vom Verschleiß von Lagern, Pumpen oder Ventilen. Ein erhöhter Eisen- und Kupferwert z.B. bedeutet nicht in jedem Fall, dass etwas mit der Pumpe nicht stimmt. Wenn abrasiver Verschleiß in der Pumpe auftritt, wird er z.B. durch Staub (Silizium) oder andere Verschleißpartikel begünstigt. Die Reinheitsklasse zeigt dann meist deutlich, dass die Filterung mangelhaft war.

Doch in einer Hydraulikanlage kann ein Verschleißprozess auch chemisch ablaufen. Schmierstoffe und Hydrauliköle können, besonders wenn sie synthetische Komponenten oder detergierende Additive enthalten, auch Elastomere angreifen. Dicht- und Führungsringe, Schläuche oder andere Kunststoffe sind nicht nur aus "Plastik". Neben dem Rohpolymer enthalten sie bis zu 25 andere Komponenten wie Ruß und Öl, Füll- und Quellstoffe, Weichmacher, Netzmittel, Farbpigmente oder Gleitwertverbesserer. Nicht umsonst sind in den Hydraulikölnormen Tests in Bezug auf Dichtungsverträglichkeit verankert. Stimmt die "Chemie" zwischen Dichtungen und Schmierstoff nicht optimal, können sich metallische Elemente aus dem Dichtungsmaterial lösen. So können O-Ringe Eisenoxid, Schläuche Zinkoxid oder Führungsringe Chrom- oder Kupferverbindungen mit Partikeln im Nanobereich enthalten. Werden diese aus dem Elastomer herausgelöst, bleiben sie im Öl in Lösung. Bei der Untersuchung mittels ICP, mit dem ca. 30 Elemente bis zu einer Patrikelgröße von 3 µm bestimmt werden, tauchen sie als erhöhte Eisen-, Zink-, Chrom- oder Kupferwerte im Laborbericht auf.

Partikel aus Elastomeren können so extrem klein sein, dass wir sie selbst bei einem groß angelegten Versuch mittels Rastermikroskopie (besonders feine Filter mit Porenweite von nur 0,25 µm) nicht ausfiltern konnten. Dies erklärt auch, dass sie bei der Partikelzählung gar nicht aufgespürt werden können. Schließlich werden bei der Bestimmung der Reinheitsklassen gemäß ISO 4406 Partikel erst gezählt, wenn sie über 4 μm groß sind.

Sollten die Verschleißwerte aus dem üblichen Rahmen fallen und die Reinheitsklassen trotzdem zeigen, dass die Filterung beibehalten werden kann, sind unser Know-how und Spürsinn besonders gefragt. Unsere erfahrenen OELCHECK-Tribologen verfügen über ein umfangreiches Wissen, woher die im Öl gelösten Elemente oder Metalloxide stammen könnten. Dank ihrer Erfahrung und gestützt auf die Werte der großen OELCHECK Datenbank können sie eindeutige Hinweise auf die Herkunft der Elemente geben und gegebenenfalls auf unbedenklichen Verschleiß von Dicht- und Führungsringen hinweisen, ohne dass gleich Alarm wegen Pumpenverschleiß ausgelöst werden muss.