Oxidationsindex – Moderne Schmierstoffe altern anders

Jeder Schmierstoff altert im Laufe seiner Einsatzzeit. Wie weit ein Alterungsprozess fortgeschritten ist, zeigt im Laborbericht besonders die Angabe „Oxidation“. Neben anderen Analysewerten erlaubt der Oxidationswert Rückschlüsse auf die verbleibende Einsatzzeit des Öls. Die Oxidation wird mit der IR-Spektroskopie nach der DIN 51453 bestimmt. Dazu wird Infrarotlicht durch eine mit Öl gefüllte Zelle geleitet. Die Abnahme der Lichtstärke wird als Absorption gemessen. Definiert wurde diese Methode schon zu Zeiten, in denen meist einfach raffinierte Mineralöle als Grundöle dienten. Heute, bei höherwertigen Group II oder III Ölen oder bei teilsynthetischen oder vollsynthetischen Basisprodukten, lässt sich die Oxidation oft nicht mehr mit dem relativ einfachen Verfahren bestimmen, das nur für eine bestimmte „Wellenzahl“ definiert ist.
 

OELCHECK hat daher die Methode zur Erkennung der Oxidation weiterentwickelt. Unter dem Wert „Oxidation“ der in Absorption/cm Ölschichtstärke (A/cm) angegeben wird, steht für moderne Öle im Laborbericht seit Neuestem auch der dimensionslose „Oxidationsindex“. Während für die Oxidation in A/cm an einer bestimmten Stelle des Diagramms, an einer „Bande“ bei der Wellenzahl von 1710 cm-1, die Längenveränderung im Vergleich zum Basisspektrum in cm errechnet wird, beruht der Index auf einer Flächenberechnung. In einem Differenzspektrum betrachtet also der Oxidationsindex nicht nur die Längenänderung eines einzelnen Peaks, sondern ermittelt eine Flächenänderung, die sich in einem Bereich zwischen zwei Wellenzahlen berechnen lässt, in dem sich oxidative Veränderungen zeigen. Die im Laborbericht unter „Oxidationsindex“ aufgeführte Zahl entspricht im Wesentlichen der Zunahme dieser Oxidationsfläche in cm². Die OELCHECKTribologen bestimmten die linke sowie rechte Wellenzahl und damit den Berechnungsbereich für den Oxidationsindex jeweils in Abhängigkeit von unterschiedlichen Ölen oder deren Einsatzzweck. Dank des so definierten Oxidationsindexes kann, im Gegensatz zur reinen DIN-Linienberechnung in A/cm, auch die Oxidation moderner Schmierstoffe bereits in einem sehr frühen Stadium erkannt werden. Der Oxidationsindex liefert somit zuverlässige Informationen für einen anstehenden Ölwechsel.

Inhaltsverzeichnis

  1. Die Oxidation in A/cm
  2. Eine Norm stößt an ihre Grenzen
  3. Oxidationsindex – aussagekräftiger, da flächenbasiert
  4. Oxidationsindex – ab sofort im Einsatz
  5. OXIDATIONSINDEX – VORTEILE IM ÜBERBLICK

Die Oxidation in A/cm

Bei der Alterung von Mineralölen lagern sich Sauerstoff-Molekülketten in Form von Doppelbindungen an bestimmte Kohlenwasserstoff-Verbindungen der Öle an und bilden neue Molekülketten. Wird Infrarotlicht durch diese Molekülketten geleitet, wird dieses Licht stärker als im Frischöl absorbiert. Durch eine Subtraktion von Gebrauchtund Frischölspektrum wird die Oxidation im Laborbericht als „Absorption der IR-Strahlung“ in (A/cm) angegeben, die sich auf einen Zentimeter Pfadlänge (Ölschichtstärke) der Messzelle bezieht.

Eine Norm stößt an ihre Grenzen

Bei der Bestimmung der Oxidation mittels IR-Spektroskopie nach DIN 51453 wird davon ausgegangen, dass im IR-Spektrum eines oxidierten Öles bei der Wellenzahl von 1.710 cm-1 ein deutlicher Peak zu sehen ist, der durch die Sauerstoff-Doppelbindungen beeinflusst wird. Deshalb wurde diese Wellenzahl als Basis für die Oxidationsbestimmung von mineralölbasischen Gebrauchtölen aus Motoren und von Industrieschmierstoffen genutzt.
Bei den heutigen Schmierstoffen, bei denen besser raffinierte oder zum Teil synthetische Grundöle oder auch moderne Additivtechnologien zum Einsatz kommen, liefert diese auf einen Peak bezogene Betrachtungsweise aber keine ausreichend interpretierbaren Erkenntnisse mehr. Selbst bei Trendanalysen über mehrere 10.000 Stunden hinweg sehen sich die OELCHECK-Tribologen in zunehmendem Maße mit Oxidationswerten konfrontiert, die sich kaum ändern, obwohl Veränderungen der Viskosität, der Säuren oder Oxidationsinhibitoren auf eine zunehmende Alterung des Schmierstoffs hinweisen.

Sehr viele der neueren Schmierstoffe enthalten synthetische Grundöle auf Esterbasis. In diesen Ölen wirken nicht nur die Verschleißschutzadditive besser, sie sind selbst auch temperaturstabiler und altern weniger. Besonders für Öle in Anlagen, bei denen Ölwechsel aufwändig und teuer sind oder die mit hohen Temperaturen laufen, sind diese synthetischen Langzeitöle von Vorteil. Bei Ölanalysen wirkt es sich jedoch nachteilig aus, dass sich die Oxidation nicht mehr feststellen lässt, weil sich im IR-Spektrum die Esterkomponenten genau in dem Bereich mit den Sauerstoff-Doppelbindungen überlagern, in dem die Oxidation nach der DINMethode berechnet wird. Auch für Schmierstoffe, die Viskositätsindex-Verbesserer (VI-Improver) oder spezielle Additive enthalten, die bereits im Frischöl eine deutliche Peakfläche bei 1.710 cm-1 haben, kann die Oxidation nicht berechnet werden. Für moderne Schmierstoffe ist die Angabe der Oxidation nach DIN 51453 in vielen Fällen sehr ungenau, für Öle mit Esterkomponenten kann die Oxidation nach DIN nicht angegeben werden.

Damit auch für Schmierstoffe, bei denen die Ermittlung der DIN-Oxidation nicht erfolgen kann, eine treffsichere Aussage zur Ölalterung möglich ist, betrachteten die OELCHECK-Tribologen bisher den Viskositätsanstieg, die Verringerung des Additivgehalts, den Abbau von Antioxidantien sowie die Zunahme der AN (Säurezahl) und bei Motorenölen auch die Abnahme der BN (Basenzahl).

Oxidationsindex – aussagekräftiger, da flächenbasiert

Weil der Anteil von Schmierstoffen, für die eine linienbasierte IR-Oxidationsbestimmung nicht mehr zuverlässig funktionierte oder unmöglich war, immer größer wurde, sorgten die OELCHECK-Tribologen für Abhilfe. Nach Vergleichen diverser Prüf- und Testverfahren mit unterschiedlich gealterten Ölen aus den verschiedensten Anwendungsbereichen, sowie nach intensiven Diskussionen mit Schmierstoff- und Maschinenherstellern steht die Lösung fest: Für den neuen Oxidationsindex wird ebenfalls die IR-Spektroskopie genutzt. Aber anstatt nur die in der DIN definierte Längenveränderung bei dem 1.710er Peak für die Oxidation zu betrachten, wird für den Oxidationsindex der Fokus auf den Bereich zwischen 1.600 und 1.700 cm-1 des IR-Spektrums gelegt. Bei dieser flächenbasierten Berechnungsmethode lassen sich die seitlichen Grenzen in Abhängigkeit vom Öltyp definieren, sodass sie immer die durch die Oxidation bedingte Veränderung widerspiegeln. So lassen sich etwaige Einflüsse bzw. Überlagerungen durch Schmierstoffkomponenten wie Oxidationsinhibitoren, VI-Improvern oder anderen Additiven ausblenden.

Dazu ein Beispiel: Das Leistungsvermögen des flächenbasierten Oxidationsindex zeigt sich beispielhaft bei der Betrachtung eines synthetischen Getriebeöls aus einer Windkraftanlage:
Bis 2016 wurde ein mineralisches Getriebeöl eingesetzt. Im Juli 2016 wurde für dieses eindeutig eine Oxidation von 3 A/cm ermittelt. Doch nach dem Umstieg auf das synthetische Produkt konnte mit der herkömmlichen Methode kein aussagekräftiger Wert für die Oxidation mehr bestimmt werden. Im IR-Spektrum aus Februar 2021 (siehe unten rechts) überlagert bei der Wellenzahl 1.710 cm-1 ein Peak den anderen. Eine etwaige Oxidation des Öls ist nicht erkennbar. Werden aber im Nachhinein die letzten drei IRSpektren flächenbasiert betrachtet, stellt sich dank des Oxidationsindex‘ ein wesentlich differenzierteres Bild der Öloxidation dar.

Mit dem Oxidationsindex wäre der beginnende Alterungsprozess des Öls bereits im Februar 2019 entdeckt worden. Lange bevor dann im Februar 2021 im IR-Spektrum eine noch stärkere Flächenzunahme (Peak Area Increase) von PAI = 48 cm² zwischen den beiden für diesen Öltyp von OELCHECK definierten Wellenzahlgrenzen zu erkennen war.

Oxidationsindex – ab sofort im Einsatz

OELCHECK bestimmt den Oxidationsindex ab sofort für bestimmte synthetische Getriebeöle, für einige Turbinenöle, und für Fluids aus stationären Hydraulikanlagen und für Verdichteröle, für die komplexe Additivverbindungen eingesetzt werden. Eine breitere Verwendung für weitere Anwendungen und spezielle Öltypen wird noch überprüft. Da mit der neuen flächenbasierten Methode neben veränderbaren Wellenzahlgrenzen auch relativ hohe Ergebnisse für den Oxidationsindex ermittelt werden, können die für die Oxidation nach DIN in A/cm definierten Limitwerte nicht zur Beurteilung herangezogen werden. OELCHECK definierte daher für den Oxidationsindex eigene Grenzwerte für das „grün-gelb-rot“ Rating. Alle Laborberichte, die einen zusätzlichen Wert für den Oxidationsindex enthalten, umfassen nach wie vor auch noch den Wert für die Oxidation gemäß der DIN. Schließlich verwenden noch viele Maschinen- und Schmierstoffhersteller Grenzwerte für die Oxidation, die mit der IR-Spektroskopie gemäß der DIN definiert wurden.

OXIDATIONSINDEX – VORTEILE IM ÜBERBLICK

Die von OELCHECK neu entwickelte Methode für den Oxidationsindex auf der Basis von IR-Spektren:

  • zeigt oxidative Veränderungen schon in einem sehr frühen Stadium
  • ist auf der Basis der von OELCHECK definierten Grenzwerte eine zuverlässige Entscheidungshilfe für einen Ölwechsel
  • liefert aussagekräftige Werte für die Öloxidation von modernen Schmierstoffen
  • schafft wesentlich höhere Sicherheit für die Betreiber bei der Trendbeobachtung
  • zeigt eindeutig Einflüsse von Belastungs- oder Temperaturänderungen
  • ermöglicht eine zuverlässige Prognose für fortschreitende Öloxidation
  • ist im Zusammenhang mit Veränderungen von Verschleiß, Viskosität und Additiven ein wichtiger Indikator zur Früherkennung von Problemen
  • empfiehlt zusätzliche Untersuchungen für das Finden der Ursachen von Veränderungen
  • dient als Entscheidungshilfe für Maßnahmen vor Ort zur Temperatur- oder Belastungssenkung.