Die Scherviskosität von Schmierfetten

Ruhpenetration und Konsistenz


Jedes Schmierfett verändert sich während seines Gebrauchs. Es wird, je nach Beanspruchung und Verdicker, weicher oder härter. Ein fester oder weicher gewordenes Gebrauchtfett kann für das geschmierte Element aber gefährlich werden. Daher ermitteln wir im Rahmen des all-inclusive Analysensets 5 die Penetration. Sie liefert Angaben über diese Veränderung und ermöglicht zudem eine Zuordnung des Fettes zur NLGI-Konsistenzklasse. Eine Veränderung im Vergleich zum Frischfett informiert unter anderem darüber, ob sich das Fett noch gut in einer Lagerstelle verteilen kann oder ob es etwa so weich geworden ist, dass es ausblutet. Zur Bestimmung der Ruh­penetration werden 3 ml Gebrauchtfett in ein Töpfchen gefüllt. Auf dessen Oberfläche wird ein spezieller Konus gesetzt. Dessen Eindringtiefe in das Fett wird nach 5 Sekunden in 0,1 mm gemessen und als Penetration angegeben. 

Scherviskosität – ein praxisnaher Test 


Ein OELCHECK-Fettentnahmeschlauch fasst 9 ml, eine ausreichende Menge Fett für alle Tests. Doch vor allem bei Lagerstellen mit geringer Fettfüllung steht manchmal die für die Penetrationsmessung benötigte Menge nicht zur Verfügung, weil das Fett bereits für die übrigen Unter­suchungen verbraucht wurde. In diesen Fällen kommt ein Rheometer (Rotationsviskosimeter) zum Einsatz. Es misst auf der Basis von 1,5 ml Fett die Veränderung der „dynamischen Viskosität“ bzw. der Scherviskosität. Damit lassen sich Informationen über die Veränderung der Penetration indirekt gewinnen. 

Bei der Untersuchung wird ein Fettklecks auf eine untere Platte von ca. 3 cm Durchmesser aufgebracht. Eine obere, gleich große Platte wird bis auf 1 mm Abstand zur unteren Platte abgesenkt und danach in Rotation versetzt. So wird das Verhalten des Fettes im Schmierspalt praxisnah simuliert.
Der Widerstand zwischen oberer und unterer Platte kann als dynamische Viskosität in Pa·s (Pascalsekunden) gemessen und für Schmierfette als Scherviskosität angegeben werden. Das Geschwindigkeitsgefälle zwischen den Platten wird als Scherrate in 1/s angegeben. Die prozentuale Veränderung wird bei bekanntem Frischfett als „relative Viskositätsveränderung“ der Scher­viskosität errechnet. Die Veränderungen erlauben Rückschlüsse, wie stark sich das Fett im Frischfettvergleich noch dem Einwirken von Scherkräften widersetzen kann. 

Der Tribologe, der Ihre Fettprobe bei OELCHECK beurteilt, kann aus dem absoluten Wert der Scherviskosität sowie dem prozentualen Viskositäts­verlust ableiten, ob der Verdicker unter Belastung noch ausreichend Schmieröl an die Reibstelle abführen kann. Auch Nachschmierintervalle lassen sich definieren, indem beurteilt wird, ob das Fett durch Zerscheren des Fettgerüstes schon so „dünn“ geworden ist, dass es aus der Lagerstelle läuft und häufiger ergänzt werden sollte.
Zur Beurteilung der Probe werden aber nicht nur die Frischfettwerte herangezogen. Auch ein Vergleich mit den Ergebnissen von vorherigen Trendanalysen findet statt, wobei die individuelle Charakteristik des Fettes sowie etwaige Nachschmiermengen berücksichtigt werden.

Ein Anstieg der scheinbaren Viskosität kann bedeuten, dass das Fett nicht mehr genügend Öl an die Schmierstelle abgibt. Dafür sind mehrere Ursachen möglich:

  • es wurde überhaupt nicht oder nicht ausreichend nachgeschmiert
  • das Fett ist u. a. durch eine hohe Temperaturbelastung oxidiert
  • das Verdickergerüst ist zerschert und es ist zu wenig Öl im Rheometer, weil das Fett bereits ausgeblutet ist.

 

Als grobe Faustregel gilt:

Ab einem relativen Viskositätsverlust von 7,5 % muss in Kürze, ab 10 % sofort, nachgeschmiert werden.


Fettauswahl und Nachschmierintervalle 


Scherviskosität und Relativer Viskositätsverlust hängen von den Eigenschaften des Schmierfetts ab. Es besteht zu etwa 90 % aus Grundöl und Additiven sowie zu etwa 10 % Verdicker. Dieser hält mit seiner schwammartigen Struktur Grundöl und Additive fest und gibt sie im Einsatz langsam an die Schmierstelle ab. Moderne Komplex- (mit Komplexseifen-Verdicker auf Lithium-, Calcium-, Aluminium-Basis) und Gelfette (mit Nichtseifen-Verdicker) verhalten sich dabei etwas anders als herkömmliche Mehrzweckfette mit ihrem einfachen Seifengerüst. Die modernen Fetttypen verfügen über eine besonders feinporige Verdicker­struktur, die Ölabgabe verläuft so feiner und gleichmäßiger. Die Viskositätsänderung dieser Fette liegt im Frischzustand bei etwa 1 %. Die von herkömmlichen Mehrzweck­fetten mit einfacher Seifenstruktur da­gegen bei etwa 4 %.

Im Einsatz verhält sich jedes Fett individuell. Wenn für eine spezielle Anwendung ein neues Produkt ausgewählt und/oder seine Nachschmierintervalle optimiert werden müssen, sollten daher besonders bei Komplex- und Gelfetten Scherviskosität und Relativer Viskositätsverlust praxisnah mit Hilfe von Trendanalysen im OELCHECK-Labor bestimmt werden. Dabei vergleichen wir die Gebrauchtfettwerte mit denen des Frischfetts. In der großen ­OELCHECK-Frischfett-Datenbank sind für nahezu alle verfügbaren Schmierfette die Angaben aus Datenblättern sowie die von uns ermittelten technischen Daten erfasst. Nur in Ausnahmefällen benötigen wir zur Beurteilung der Scherviskosität auch eine Probe des Frischfetts von Ihnen.
 

Extra-Tipp:

Mehr Informationen über mögliche Analysen für Schmierfette finden Sie hier:

Quelle:

OELCHECKER Winter 2020, Seite 8