Syntheseöl: Was sollte man beim Umstieg beachten?

Der Motor, der unsere Maschine antreibt, ist 3.200 Betriebsstunden (entsprechend etwa 125.000 km) gelaufen. Bisher hatten wir ein mineralölbasisches SAE 15W-40 Motoröl im Einsatz. Nun möchten wir auf ein Vollsyntheseöl umsteigen.

Stimmt es, dass sich die beiden Motoröltypen miteinander vertragen?
Habe ich etwas Besonderes zu beachten?

 

OELCHECK antwortet:

Ganz so einfach ist eine Umstellung leider nicht. Auf jeden Fall sollte der Motor, der umgestellt wird, bei dem Wechsel der unterschiedlichen Ölsorten sorgfältig gereinigt werden. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Vollsynthetische Motoröle sollen, entsprechend deutscher Rechtsprechung, auf der Basis von Polyalphaolefinen (PAO), Poly-iso-butenen (PIB), oder einer Mischung solcher und ähnlicher synthetisch hergestellter Kohlenwasserstoffe formuliert werden. Diese Rohstoffe an sich sind mineralölähnlich und deshalb auch mit mineralölbasischen Schmierstoffen gut mischbar. Doch in PAO und PIB lösen sich Additive, etwas ungünstiger, die im Mineralöl leicht vollständig in Lösung gehen. Dieses Problem wird durch den Zusatz von Syntheseölen auf Esterbasis (in der Regel Di-Ester und/oder Polyolester) oder ähnlichen „Lösungsvermittlern“ geschickt gelöst. Die Additive sind nämlich in diesen „Stellölen“ löslich und solche wiederum in PAO oder PIB.

Gleichzeitig üben PAO und Ester oft einen gegensätzlichen Effekt auf Dichtungsmaterialien aus. Manche Dichtungen schrumpfen beim Kontakt mit PAO und PIB, Esteröl bringt sie zum Schwellen. Enthält ein Schmierstoff gleichermaßen PAO und Ester, können sich diese Effekte miteinander ausgleichen.

Beim Umstieg von einem mineralölbasischen Schmierstoff auf ein Vollsyntheseöl können die meist esterbasischen Stellöle allerdings Schwierigkeiten hervorrufen. Zusätzlich zu den detergierenden und dispergierenden kalzium- und magnesiumhaltigen Additivverbindungen verleihen die Lösungsvermittler den Syntheseölen auf PAO- und PIB-Basis weitere detergierende, das heißt reinigende, Eigenschaften. Wenn sich, was für einen älteren Motor nicht unüblich ist, auf den temperaturbelasteten Komponenten lackartige Ablagerungen befinden, die z. B. durch thermische Belastungen und Oxidation des vorher verwendeten Mineralöls entstanden sind, können diese durch das Syntheseöl aufgelöst werden. Die Partikel dieser aufgelösten Ablagerungen bleiben zwangsläufig im Syntheseöl. Sie können ganz schnell den Nebenstromfilter belegen oder den Transport des Öls in den Ölbohrungen beeinträchtigen. Oft führen solche Verunreinigungen zu einer schnelleren Ölalterung, als sie für Syntheseöle erwartet wird.

Diese Erscheinungen treten häufig beim Umstieg von mineralölbasischen Ölen mit einer niedrigeren Qualität als Syntheseöl, das den neuesten Spezifikationen entspricht auf. Der Reinigungs- und Spüleffekt wird oft noch dadurch begünstigt, dass die neuesten Öle z.B. SAE 0W-30 noch wesentlich „dünner“ als mineralölbasische SAE 15W-40 oder teilsynthetische SAE 10W-40 Öls sind.

Ein ähnlicher Effekt kann übrigens nicht nur in Motoren, sondern auch in Getrieben und in industriellen Anlagen bei der Umstellung von Mineral- auf Syntheseöl auftreten.

Fazit:

Erkundigen Sie sich bei Ihrem Schmierstofflieferanten vor einer geplanten Umstellung nicht nur nach den Vorteilen des teureren Syntheseöls. Fragen Sie nicht nur nach der Mischbarkeit, sondern lassen Sie sich auch die Verträglichkeit in jedem Mischungsverhältnis und bei jeder Temperatur bestätigen. Trotz aller Zusicherungen, sicherer ist es, wenn Sie vor einer geplanten Umölung das alte Öl möglichst komplett ablassen und das System mit einer Minimalmenge des neuen Öls spülen.

Mit einer entsprechenden Motorölanalyse können Sie sich vergewissern, dass kein Risiko durch einen erhöhten Restanteil des mineralölbasischen Schmierstoffs besteht und dass die erwarteten verschleiß- und oxidationsmindernden Eigenschaften des vollsynthetischen Motoröls voll zur Geltung kommen.

 

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