Warum geben Sie in OELCHECK-Laborberichten keine "Limitwerte" an?
Erscheinungsjahr: 2012
Seit Jahren nutzen wir Schmierstoff-Analysen von OELCHECK und möchten sie nicht mehr missen. Aber warum geben Sie, vor allem bei den Verschleißmetallen, in Ihren Laborberichten keine „Limitwerte“ an? Sie führen nur die Werte der aktuellen Probe und etwaiger vorhergehender Untersuchungen auf. Mit einer zusätzlichen Angabe von Grenzwerten könnten wir doch selbst noch schneller und genauer Rückschlüsse auf den Zustand des Öls bzw. der Maschine ziehen.
OELCHECK antwortet:
Immer wieder regen Kunden an, Limit- bzw. Grenz- und Warnwerte für Verschleißmetalle oder auch für Schmierstoffadditive in OElCHECK-Laborberichten anzugeben. Doch leider lässt sich dieser Wunsch nicht erfüllen, denn zeitunabhängige Limitwerte können das anwendungsspezifische Szenario nicht widerspiegeln. Schließlich ist jede Maschine mit ihren Einsatzbedingungen individuell zu betrachten. Dabei müssen nicht nur der Maschinentyp, der konkret eingesetzte Schmierstoff, seine Pflege und die Füllmenge berücksichtigt werden – vor allem seine Einsatzzeit sowie die Umgebungsbedingungen beeinflussen die Grenzwertbetrachtung. Wenn es sich um komplexe Anlagen handelt, wird es oft noch komplizierter. Denn einige Hersteller kaufen von wechselnden Lieferanten Komponenten zu, die bei gleicher Eigenschaft aus anderen Materialien bestehen können. Auch, wenn nachträglich Nebenstromfilter installiert, große Ölmengen nachgefüllt oder Additive zugegeben wurden, sind fixe Limitwerte nicht mehr hilfreich.
Von den Maschinen- und Motorenherstellern werden nur in ganz wenigen Fällen Limitwerte mit entsprechenden Einschränkungen publiziert. Deshalb gingen wir dazu über, das komplexe Thema mit Hilfe unserer eigenen Datenbank, in der mehr als zwei Millionen Proben gelistet sind, für unsere erfahrenen OELCHECK-Tribologen transparenter zu machen. Bei der Beurteilung der untersuchten Proben greifen wir mittlerweile auf interne Verschleißgrenzwerte für über 150.000 unterschiedliche Maschinen zurück. Bei Abweichung bzw. Änderung einer einzigen Komponente eines Aggregats legen wir einen neuen Datenstamm an. Für diesen spezifischen Maschinentyp stehen uns aber erst dann Grenzwerte zur Verfügung, nachdem wir mindestens 50 Analysen für den gleichen oder ähnlichen Typ durchgeführt haben.
Doch auch wenn noch so detaillierte Erkenntnisse über Limits für Verschleißmetalle vorliegen, reichen diese nicht zur Beurteilung einer konkreten Probe aus. Hier ist unser Know-how gefragt, denn sämtliche Werte müssen auch in ihrem Zusammenspiel betrachtet werden. Eine Diagnose, die ausschließlich auf dem Vergleich aktuell ermittelter Labordaten mit Limitwerten gründet, kann schnell in die Irre führen. Werte müssen anders aussehen, wenn sie nach 20, 200, 2.000 oder 20.000 Stunden bestimmt werden. Um z.B. dieses von der Zeit abhängige Risiko auszuschließen, veröffentlichen wir grundsätzlich keine Grenzwerte.
Wie komplex die Zusammenhänge insgesamt sein können, verdeutlichen folgende Beispiele:
Nicht alle der in einer Probe ermittelten Elemente und Metalle müssen auf Verschleiß hinweisen. Bei einigen (selbst z.B. Kupfer) kann es sich ebenfalls um Additive handeln, die in Schmierstoffen vorkommen. Erst ein Vergleich der Gebrauchtöl-Werte mit den Additiven aus dem Frischöl gibt zusammen mit dem IR-Spektrum Hinweise auf den Additivabbau. Eventuell veränderte sich nur eine einzelne Wirkstoffkomponente des gesamten Additivpakets, indem sie eine neue Bindungsform mit Verschleißpartikeln eingegangen ist.
Selbst die für Verunreinigungen typischen Grenzwerte für Silizium und Wasser sind kritisch zu hinterfragen. Wird z.B. Silizium im Öl nachgewiesen, handelt es sich zwar meistens um eine Verunreinigung durch Staub. Doch Silikon wird bei fast allen Ölen auch als Antischaum-Additiv gezielt zugegeben. Bei neuen oder überholten Motoren kann Silizium Bestandteil von silikonhaltigen Montagepasten oder Dichtungsmitteln sein. Außerdem ist es ein Legierungsbestandteil von Aluminium und damit eventuell ein Verschleißelement in Voll-Aluminium-Motoren. Wie kann hier ein allgemein gültiger Grenzwert als Maßstab angelegt werden, wenn all diese möglichen Zusammenhänge nicht berücksichtigt werden?
Zuviel Wasser im Öl kann z.B. Korrosion, Kavitation oder Öloxidation begünstigen. Doch schon mineralölbasisches Frischöl ist mit 50 bis 500 ppm Wasser belastet, je nach Öltyp oder Produktionsstätte in unterschiedlichem Ausmaß und mit unterschiedlicher relativer Feuchte. Je nach Verwendungszweck verfügen Öle auch gewollt über demulgierende oder emulgierende Eigenschaften. Ab welchem Gehalt, Wasser zum Risiko wird, hängt also wiederum vom Öltyp, seiner Aufgabenstellung und seiner Einsatzzeit ab.
Limitwerte, die Sie eventuell von den OEM- oder Schmierstoff-Herstellern erhalten, sind bei unserer Diagnose nur bedingt nutzbar. Denn sie legen – wenn überhaupt – die Werte aus unterschiedlichen Blickwinkeln fest. Für einen Hersteller spielt dabei die Gewährleistung die größte Rolle, für den Ölhersteller ist die Ölstandzeit wichtig und ein Schmierstoff-Labor wie OELCHECK betrachtet die Werte vor allem unter dem Aspekt des Condition Monitoring. Dabei spielen zwar auch Warn- und Grenzwerte eine Rolle, doch einen nachhaltig positiven Effekt erreichen Sie vor allem durch unsere Trendanalysen. Erst, wenn wir das in einer Maschine eingesetzte Öl regelmäßig und über einen langen Zeitraum mit unseren Analysen begleiten, können wir schnell und treffsicher selbst kleinste Abweichungen feststellen und Sie gezielt warnen, bevor gefährliche Grenzen überschritten werden.