Motorenöle für Fahrzeuge – Aktuelle Trends und Ölanalytik

Inhaltsverzeichnis

  1. Trend 1: Reduktion der Emissionen
  2. Trend 2: Verbrauchssenkung von Kraft- und Schmierstoffen
  3. Trend 3: Immer dünner
  4. Trend 4 Hybrid-Fahrzeuge und Elektroantriebe
  5. Ölanalytik mit vielfältigen neuen Aufgaben

Trend 1: Reduktion der Emissionen

Mit der aktuellen Abgasnorm Euro VI wurden die Grenzwerte für Dieselmotoren in Nutzfahrzeugen und Bussen bei Partikeln um etwa 67 % und bei Stickstoffoxiden sogar um etwa 80 % gegenüber der Euro V gesenkt. Für alle neuen Pkw hat das Parlament der EU ab 2021 eine Grenze von maximal 95 Gramm Kohlendioxid (CO2) pro Kilometer verabschiedet. 95 % der Fahrzeuge müssen diese Bedingung bereits ab 2020 erfüllen. Bei der Reduktion von Emissionen ist die Messlatte hoch gelegt. Allerdings sind die verminderten Abgaswerte nur mit entsprechend konzipierten Motorenölen erreichbar. Werden trotzdem für ein niedrigeres Leistungsniveau ausgelegte Motorenöle eingesetzt, können die Grenzwerte für den Schadstoffausstoß nicht eingehalten werden.

Außerdem entstehen beim Verbrennen eines ungeeigneten Motorenöls zu viele feine Partikel, die sich in den Poren der Dieselpartikelfilter ablagern und deren Lebensdauer drastisch verkürzen. Zusätzlich können sich Ablagerungen auf dem Kolbenboden oder den Ventilen bilden, die den optimalen Verbrennungsprozess z.B. durch „Klopfen“ beeinträchtigen und Motorschäden verursachen können. Die Abgasvorschriften schlagen sich u.a. in den maximal zulässigen Anteilen an aschebildenden Substanzen in den Motorenölen nieder. Je nach Menge, der im Labor ermittelten Sulfatasche, die im Wesentlichen vom Gehalt der Additive Phosphor und Schwefel abhängt, werden die Motorenöle als Low, Medium oder High SAPS-Öle (SAPS = Sulfated Ash, Phosphor, Sulfur) bezeichnet. Bei stationären Gasmotoren z.B. sind heute sogar schon „ash-free“ Motorenöle im Einsatz. Wurden früher den Ölen großzügig Schwefel und Phosphor als Oxidations- und Verschleißschutz zugegeben, werden diese nun auf ein Minimum reduziert. Um trotzdem die heutigen Anforderungen an die Low SAPS-Öle, wie längere Ölwechselfristen, weniger Reibung und guten Verschleißschutz, zu gewährleisten, wurden vollkommen neue Additivpakete entwickelt und optimal dafür geeignete Basisöle ausgewählt.

Trend 2: Verbrauchssenkung von Kraft- und Schmierstoffen

Die Motoren sollen kraftstoff- und ölsparend laufen – auch hier sind die Motorenöle gefordert. Ein wichtiges Kriterium ist dabei der Verdampfungsverlust der Grundöle, der u.a. durch die konstruktionsabhängigen hohen Temperaturen an den Kolbenringen und am Kolbenunterboden verursacht wird. Doch die Menge des Motorenöls, die beim Kontakt mit den Bauteilen verdampft, hängt auch von diesem selbst ab. Dabei spielen Faktoren wie der Grundöltyp, seine Viskosität sowie das Additivpackage eine Rolle. Ein Motorenöl mit einem hohen Anteil an leicht flüchtigen Molekülen neigt dazu, einzudicken.

Dadurch tritt nicht nur eine Verschlechterung seiner Mehrbereichscharakteristik und Tieftemperatureigenschaften ein. Die Zylinder- und Ölabstreifringe können Öl mit einem höher-viskosen Schmierfilm weniger gut von der Zylinderwandung abstreifen. Somit verbrennt mehr Motorenöl mit dem Kraftstoff – der Motorenölverbrauch steigt an. Außerdem büßt ein dickeres Öl einen Teil seiner Leichtlaufeigenschaften ein und trägt damit zum erhöhten Kraftstoffverbrauch bei.

Je geringer der Verdampfungsverlust eines Öls ist, desto stabiler sind seine Viskositätseigenschaften. Der Verbrauch an Kraftstoff und Öl ist damit umso niedriger. Der Verdampfungsverlust, der mit dem Noack-Test in 60 Minuten bei 250 °C ermittelt wird, ist in den aktuellen Vorgaben der ACEA E6, E7 und E9 für Motorenöle für schwere Nutzfahrzeuge z.B. auf einen Wert von ≤ 13 % limitiert, wobei die Werte sehr guter Öle deutlich darunter liegen.

Trend 3: Immer dünner

Motorenöle der SAE-Klassen 0W20 und 0W30 für PKW oder 5W30 für Nutzfahrzeuge sind heute nicht ungewöhnlich. Selbst Motorenöle der Viskositätsklassen SAE 0W16 und 0W12 sind bereits erhältlich. Für Hybridfahrzeuge ist schon ein Öl der Viskositätsklasse 0W8 auf dem Markt. Und der Trend geht weiter zu noch „dünneren“ Ölen. Im Prinzip läuft jeder Motor mit einem niedrigviskoseren Motorenöl reibungsärmer und sparsamer. Doch je dünner das Öl ist, desto schwerer baut es einen hydrodynamischen, stabilen Ölfilm auf, der den mechanischen Kontakt zwischen den sich bewegenden Komponenten weitestgehend verhindert und deren Kontaktflächen vor Verschleiß schützt. In diesem Zusammenhang spielt die HTHS-Viskosität des Motorenöls eine Rolle. HTHS „High Temperature High Shear“ gibt die dynamische Viskosität an, die unter Einfluss hoher Scherkräfte bei 150 °C in Millipascalsekunden (mPas) gemessen wird. Durch Absenkung der HTHS-Viskosität soll mittels geringerer „innerer Reibung“ des Öls eine Reduzierung der Verlustleistung und damit eine Kraftstoffeinsparung erzielt werden. Wird die HTHS-Viskosität zu stark reduziert und der Ölfilm zu dünn, ist jedoch die Verschleißfestigkeit gefährdet. Durch die Festlegung von unteren Grenzwerten der HTHS soll erreicht werden, dass Motorenöle selbst in Pleuellagern mit ihren großen Scherkräften und hohen Öltemperaturen die notwendige Schmiersicherheit gewährleisten. Um die Rauheitsspitzen von gepaarten Metalloberflächen zusätzlich einzuglätten und damit einen durchgehenden Schmierfilm leichter auszubilden, werden einigen Ölen zusätzlich reibungsmindernde Additive auf z.B. molybdänorganischer Basis beigegeben. Diese Additive werden häufig auch in Racing-Motorenölen zur Verschleißminderung verwendet.

Fazit: Es ist ein absoluter Balanceakt, leistungsstarke Motorenöle mit niedriger HTHS-Viskosität, einem hohen Viskositätsindex, niedrigem Verdampfungsverlust und ausgezeichnetem Verschleißschutz herzustellen. Die Überprüfung und Auswahl geeigneter Öle ist nur mit der Unterstützung durch eine Vielzahl von Ölanalysen möglich.

Trend 4 Hybrid-Fahrzeuge und Elektroantriebe

Hybridfahrzeuge – E-Antrieb gekoppelt mit Verbrennungsmotor

Hybridfahrzeuge bewegen sich fort mit Hilfe eines E-Antriebs, dessen Batterie über einen Verbrennungsmotor, meist benzinbetrieben, bei Bedarf nachgeladen wird. Dadurch kann der Motor nahezu immer bei ca. 2.500 Umdrehungen im optimalen Wirkungsgradbereich von über 35 % betrieben werden, während bei konventioneller Betriebsweise nicht mehr als 20 % realisiert werden.

Ursprünglich wurden bei diesen Motorkonzepten herkömmliche Motorenöle verwendet. Heute werden zunehmend spezielle Öle für Hybridmotoren eingesetzt.

Da sich Hybridmotoren meist in einem relativ engen Drehzahlbereich bewegen und gleichmäßig belastet werden, kommen Öle mit den niedrigeren Viskositätsklassen SAE 0W8 bis 0W20 zum Einsatz. Mit Hilfe der Batterie wird das Öl so vorgewärmt, dass quasi kein Kaltstart erfolgt.

Doch durch einen häufigen Intervallbetrieb wie im Stadtverkehr und den Betrieb bei nahezu konstanter Drehzahl verändern sich diese Motorenöle anders als ihre klassischen Pendants.

Ergebnisse aus Langzeittests mit diesen Motorenölen aus Hybridfahrzeugen fehlen allerdings noch. Daher ist eine regelmäßige Überwachung des Motorenöls zur Bestimmung des optimalen Ölwechselintervalls verbunden mit einer Betrachtung der Langlebigkeit der Systeme unbedingt empfehlenswert.

Fahrzeuge mit reinem Elektroantrieb

Auch Elektro-Fahrzeuge, deren Batterien an Ladestationen mit neuer Power versorgt werden, benötigen Schmierstoffe, allerdings keine Motorenöle.

Für das dem E-Motor nachgeschaltete Antriebsgetriebe ist nach wie vor der Einsatz eines Getriebe- oder Wandleröls erforderlich.

Die Servolenkung und meist auch die Fahrzeugfederung erfolgen mittels Servo- oder Mehrbereichs-Hydrauliköl. Zur Kühlung der Akkuzellen wird entweder das Wandleröl oder ein wasserhaltiges Kühlmittel eingesetzt.

Diese Produkte unterscheiden sich aber in wesentlichen Eigenschaften von den Produkten für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren.

Ölanalytik mit vielfältigen neuen Aufgaben

Aussagen zu zustandsbedingten Ölwechselintervallen, die Ermittlung von Schadensursachen und die Prophylaxe von Schäden und Verschleiß – die Schmierstoffanalytik ist auch im Automotivbereich unverzichtbar. Doch zusätzlich zu diesen klassischen übernimmt sie immer weitere Aufgaben. Diese sind so vielfältig wie die Entwicklungen im Bereich der Motorenöle, die immer dünner werden und trotzdem verschleißfest bleiben müssen. Ohne die Beobachtung durch Ölanalysen können weder maßgeschneiderte Schmierstoffe für Hybridmotoren oder Elektro-Fahrzeuge, noch energiesparende, niedrig-viskosere Motorenöle für klassische Verbrennungsmotoren entwickelt werden. Ein geringerer Schadstoffausstoß und ein niedrigerer Verbrauch von Kraft- und Schmierstoffen sind Ziele bei der Entwicklung von neuen Motoren. Beim Einsatz der dafür entwickelten Motorenöle ist die Ölanalyse vor allem beim Langzeiteinsatz in der Praxis ein unverzichtbares Kontrollinstrument, um mehr über die Schmierstoffe und die damit geschmierten Motoren zu erfahren.

Insgesamt spielt die Schmierstoffanalytik im Zusammenhang mit dem sensibilisierten Umweltbewusstsein eine immer wichtigere Rolle.

Quelle:

OELCHECKER Frühjahr 2018, Seiten 4, 5