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Die “Burning Rocks” von Narva

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Narva, im Norden Estlands – ein Gewittersturm tobt über das Land. Blitze schlagen in die Felsen und da geschieht es: Das Gestein wird entzündet und brennt!

Das Phänomen der "Burning Rocks" wurde etwa 1920 entdeckt. Schon bald sollte es die gesamte Energiewirtschaft des Landes nachhaltig verändern.

Bei dem Gestein handelt es sich um "Ölschiefer", ein Gestein, das einen Anteil von ca. 30% Öl enthält. Dieser Ölschiefer ist die größte Energiequelle Estlands. Er wird im Über- und Untertagebau abgebaut, anschließend zerkleinert und danach erhitzt. Durch das Erwärmen des feinen Gesteinspulvers wird das Öl freigesetzt. Aus dem so gewonnen Öl entstehen Strom, Heizwärme und Treibstoffe.

Die Ölschiefervorkommen mit einer Schichtdicke von bis zu 70 m erstrecken sich über eine Fläche von 400 km². Die Hälfte des Vorkommens wird im Untertagebergbau abgetragen. Obwohl “Schiefer” ein relativ weiches Gestein vermuten ließe, sieht der Schiefer im Baltikum eher aus wie lehmiger, brauner Sandstein und ist auch ähnlich hart. Der Abbau ist daher eine “Knochenarbeit”.

Die Eesti Polevkivi ist die bedeutendste Minengesellschaft Estlands. Sie betreibt je zwei Minen im Unter- und Übertagebau. Pro Jahr werden 1.48 Millionen Tonnen Ölschiefer gebrochen und gefördert. Von den 4.500 Mitarbeitern sind alleine 600 in der Instandhaltung beschäftigt. Für die Gewinnung und den Transport des Ölschiefers, der in den riesigen Steinbrüchen meist unter Tage abgebaut wird, werden die größten Baumaschinen und Transportfahrzeuge Europas eingesetzt. Radlader mit vier Meter breiten Schaufeln verladen das losgesprengte ölhaltige Gestein auf Muldenkipper, die ganze Häuser transportieren könnten. Über steile Rampen und Straßen werden die Felsen zum Kraftwerk transportiert.

Dort warten Gesteinsbrecher auf die Wagenladungen. Förderbänder, die von E-Motoren mit mehreren hundert Kilowattstunden Antriebsleistung bewegt werden, fördern das Granulat in die Verbrennungsanlagen der Kraftwerke. Das ausgebeutete Material wird nach dem Kraftwerk auf Großraumtrucks verladen und zurück an bereits ausgebeutete Bereiche transportiert. Grader verteilen diesen pulvrigen Rückstand und nach einer Überdeckung mit Humus entsteht wieder fruchtbares Bauernland.

Neben schwerem Gerät, von Caterpillar und Komatsu, verfügt Eesti Polevkiki über mehr als 50 Trucks, die den geförderten Ölschiefer in Ladungen von 280 Tonnen von den Minen abtransportieren. Beim Untertagebau fahren sie über steile Rampen direkt in die Mine hinab. Die neu entwickelten russischen Muldenkipper vom Typ Belaz 548, die von einem 560 PS starken 12-Zylinder Dieselmotor angetrieben werden, haben dabei einiges zu leisten. Sie sind zwar extrem robust konzipiert, doch auf eine sorgfältige Wartung darf trotzdem nicht verzichtet werden.

Als es immer wieder unerwartete Verschleißprobleme mit den Motoren gab und teilweise überraschende Totalschäden auftraten, vermutete Eesti Polevkiki zunächst ein Problem mit dem verwendeten Motoröl. Der Öllieferant, ADDINOL Estland, eine Tochtergesellschaft des in Leuna ansässigen deutschen Spezialisten in Sachen Schmierstofftechnologie, reagierte sofort. Aus den Motoren der Trucks wurden Ölproben bei unterschiedlicher Laufleistung entnommen und zur Untersuchung an OELCHECK geschickt.

Denn für ADDINOL war klar: Am eingesetzten ADDINOL Longlife MD 1548, das die neuesten ACEA-Spezifikationen erfüllt und von allen namhaften Dieselmotorenherstellern freigegeben ist, konnte es nicht liegen. Das Hochleistungsmotoröl hatte schon ganz andere Einsätze gemeistert.

Und tatsächlich: Die Schmierstoffanalysen von OELCHECK brachten es an den Tag. Das Motoröl war hochgradig durch Kraftstoff verdünnt. Bis zu 20 % Diesel verdünnten das Motoröl so stark, dass die Viskosität bei 100 °C von 14,5 mm²/s auf unter 6 mm²/s sank. Die meisten der Ölproben zeigten noch Verunreinigungen in Form von Silizium (Staub) und Natrium. Nun konnten die Schmierstoffspezialisten der ADDINOL und die Instandhalter nach den Ursachen suchen. Schnell wurde klar, dass die Kraftstoff-Einspritzsysteme der Trucks für den harten Einsatz und die extrem wechselnde Beanspruchung nur bedingt geeignet waren. Bei den langen Talfahrten im Leerlaufbetrieb vom Kraftwerk zur tiefer liegenden Beladungsstelle und in den langen Wartephasen, wurde immer weiter Kraftstoff gefördert aber nicht vollständig verbrannt.

Der überschüssige Diesel lief ins Motoröl und verdünnte es so stark, dass es anschließend bei der Bergfahrt des vollbeladenen Muldenkippers zu dünn war, um zuverlässig unter Volllast bei hohen Motoröltemperaturen alle Motorbauteile zu schmieren. Die ausgefallenen Motorteile und Lagerschalen wiesen auf mangelnde hydrodynamische Schmierung wegen eines zu dünnen Schmierfilms hin.

Aufgrund der Erkenntnisse durch die Ölanalysen wurde sowohl die Kraftstoffzufuhr im Schubbetrieb als auch beim Leerlauf neu konzipiert und den Fahrern eine abgestimmte Fahrweise empfohlen. Heute liegt der Kraftstoffanteil im Motoröl immer unter der 4 % Toleranzschwelle.

Die Ölanalysen zeigten aber noch ein weiteres Phänomen. In einer Vielzahl der Proben lag der auf Staub und Verunreinigungen hinweisende Silizium- und Natriumanteil bei über 50 mg/kg. Die Luftfilter waren aber offensichtlich regelmäßig gewartet worden. Dies ließ den Schluss zu, dass entweder die Porenweite der Filter nicht auf den extrem staubigen Untertage-Betrieb abgestimmt war oder dass bei der Wartung nicht sorgfältig genug gearbeitet wurde.

Gezielte Überprüfungen bei den Fahrzeugen, deren Ölproben die höchste Staubbelastung zeigten, bewiesen, dass oft Schlauchschellen im Ansaugtrakt nicht richtig festgezogen waren oder dass am Luftfiltergehäuse Schließklammern fehlten. Dem im Motoröl schmirgelnden Staub war Tür und Tor geöffnet.

Bis zum Einsatz des modernen ADDINOL-Öles wurde ein Einbereichs-Motoröl aus russischer Produktion einfach alle 250 Bh gewechselt. Trotzdem blieben Motorschäden nicht aus. Die Motoren mussten zudem alle 2.000 Bh komplett zerlegt und von Ascheablagerungen, die durch das auf alter Additiv-Technologie basierende Motoröl nicht verhindert werden konnten, befreit werden. Aufwand und Kosten spielten scheinbar keine Rolle. Durch die Schmierstoffanalysen von OELCHECK konnte der Öllieferant beweisen, dass sein modernes Hochleistungsöl anstandslos Standzeiten von bis zu 1.000 Bh verkraften kann, wenn die flüssigen und festen Verunreinigungen ferngehalten werden.

Da trotz der guten Schulung der Fahrer und der Neukonzeption von Einspritzzyklen und Filtereinsätzen noch ein gewisses Verunreinigungsrisiko bei der extremen Verlängerung der Wechselintervalle bleibt, wurden sicherheitshalber die Ölwechselintervalle auf 500 Bh festgelegt und regelmäßige Ölanalysen vereinbart. So fahren die Belaz-Trucks sicherer und zusätzlich kostengünstiger als noch vor einigen Jahren.

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