Allerdings schreiben nahezu alle Lkw-Hersteller immer noch sehr kurze Motorölwechsel beim Betrieb mit Biodiesel vor. Aufgrund von alten Erkenntnissen über den Betrieb von Motoren mit damals noch reinem, unverestertem Rapsöl, sollen Motorenöle bei B100-Einsatz nach einem Drittel der üblichen km-Leistung (meist 30.000 km anstelle von 100.000 bis 120.000 km) gewechselt werden. Doch gibt es für die kurzen Öl-Einsatzzeiten stichhaltige Argumente? Könnten die Schmierstoffe auch länger verwendet werden? OELCHECK geht diesen Fragen auf den Grund und überwacht engmaschig die gebrauchten Motoröle aus den mit B100 betriebenen Fahrzeugen der Johann Dettendorfer Spedition.
Die Johann Dettendorfer Spedition zählt zu den Top 100 der deutschen Logistik. Viele internationale Auszeichnungen belegen die Leistungen des inhabergeführten Traditionsunternehmens. Seine Zentrale liegt im bayerischen Inntal, direkt an einer der großen Nord-Süd-Verbindungen Europas. Zusätzliche Standorte befinden sich in Italien, Polen und mehreren deutschen Bundesländern.
1825 wurde die Johann Dettendorfer Spedition gegründet. Heute zählen zu den Kernkompetenzen des Unternehmens außer dem Gütertransport umfassende Lager- und Logistikleistungen. Der Trend geht dabei immer mehr zu integrierten Servicelösungen. Die Kunden der Johann Dettendorfer Spedition profitieren dabei vom Know-how, der Innovationskraft, dem modernen Fuhrpark und den intelligenten IT-Konzepten des Unternehmens. Diese erfüllen perfekt die Anforderungen der Industrie 4.0 mit ihrer informationsorientierten Arbeitsweise. Damit gelingt die Belieferung der Kunden nicht nur Just-in-time, sondern auch Just-in-sequence. Die Dettendorfer Niederlassung Deizisau/Baden-Württemberg z. B. liefert mit Spezial-Lkw 700 °C heißes Flüssigaluminium zur vorgegebenen Zeit und in der passenden Menge an den verarbeitenden Betrieb. Der Transport der Rohstoffe, deren Lagerung sowie die Entsorgung von Gießereiabfällen gehören mit zum Servicepaket der Spedition.
Ökonomisch und ökologisch soll der Fuhrpark betrieben werden. Wie gut diese auf den ersten Blick gegensätzlichen Aspekte miteinander vereinbart werden können, beweist das Management schon seit Jahren:
Biodiesel bzw. FAME (Fettsäure-Methylester) kann in reiner Form (B 100) in Dieselmotoren verwendet werden, sofern die Freigabe des Fahrzeugherstellers vorliegt. Der Kraftstoff besteht aus umgeesterten Pflanzenölen. In Deutschland basiert er fast ausschließlich auf Rapsöl. Daher wird er auch als RME (Raps-Methyl-Ester) bezeichnet. Die DIN EN 14214 definiert die Mindestanforderungen an Biodiesel. Die Vorgaben der Spedition gehen jedoch weit darüber hinaus. Dabei darf z. B. die Gesamtverschmutzung des Treibstoffs nur 10 mg/kg statt 24 mg/kg wie in der DIN betragen. Und statt einem maximalen Wassergehalt von 500 mg/kg akzeptiert Dettendorfer nur 250 mg/kg. Schließlich verursacht Wasser nicht nur Korrosion und Verschleiß, ein zu hoher Wassergehalt macht Biodiesel auch anfällig für das Wachstum von Mikroben.
Da Biodiesel seit 2008 in Deutschland steuerlich nicht mehr begünstigt wird, sind Tankstellen dafür in Deutschland selten geworden. Im Ausland ist er allerdings noch kostengünstiger als fossiler Dieselkraftstoff aus Erdöl zu bekommen. Dies schlägt sich in den Betriebskosten des Fuhrparks deutlich nieder. Immerhin kann der Tank eines großen Lkw bis zu 1.300 l Treibstoff fassen. Getankt wird möglichst an einem der unternehmenseigenen Autohöfe im nahen Österreich und damit steuerbegünstigt. Die RME-Qualität, die mit Stichproben von OELCHECK überwacht wird, muss allerdings den hohen Anforderungen der Johann Dettendorfer Spedition entsprechen. Davon profitieren auch alle anderen Tankkunden, die mit ihren Lkw oder auch Pkw umweltschonend unterwegs sind. Die österreichische Lkw-Tankstelle der Dettendorfer Gruppe an der A12 im österreichischen Inntal lieben Trucker ganz besonders. Hier gibt es den kostenfreien Truck Checkpoint. In 15 Sekunden werden Gesamtgewicht und Achslast kontrolliert sowie Luftdruck und Profiltiefe der Reifen gemessen. Wichtige Kriterien, die sich auf die Verkehrssicherheit der Trucks sowie auf die Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs und der CO2-Emissionen auswirken.
Die Fahrzeuge der Johann Dettendorfer Spedition werden mit reinem Biodiesel betrieben. Dies bringt ökonomische und vor allem ökologische Vorteile mit sich. Doch einen Nachteil gibt es auch: Die meisten Fahrzeughersteller schreiben beim Betrieb der Lkw mit Biodiesel Motorölwechsel nach jeweils 30.000 km statt 100.000 km vor. Und dies verursacht nicht nur beachtliche Mehrkosten! Etwa 40 l Motoröl versorgen den Motor eines einzigen 40-Tonners. Der Wechsel von Öl und Ölfilter dauert etwa zwei Stunden, in denen das Fahrzeug nicht verfügbar ist. Darüber hinaus wird wesentlich mehr Frischöl verbraucht und entsprechend mehr Altöl fällt an. Insgesamt entstehen Kosten von ca. 500 € je Ölwechsel, die einen großen Teil der eingesparten Kraftstoffkosten wieder auffressen.
Der hohe Motorölverbrauch widerspricht dem Grundsatz der Johann Dettendorfer Spedition, denn man möchte mit allen Ressourcen sparsam umgehen. Die Motoren sollen aber auch sicher und nachhaltig betrieben werden und eine möglichst lange Lebensdauer erreichen. Daher wird das Motoröl gemäß Vorgaben von MAN nach kurzen 30.000 km ausgetauscht.
Die Vorgabe der verkürzten Ölwechselintervalle basiert auf Erfahrungen der Vergangenheit. Über 10 Jahre ist es her, seitdem beim Einsatz der damals verfügbaren Biodiesel-Qualität ein erhöhter Eintrag von Kraftstoff in die Motoröle festgestellt wurde. Prüfstandsuntersuchungen erfolgten damals nur an Motoren für landwirtschaftliche Fahrzeuge mit der damaligen Motorentechnologie. Neuere Langzeitstudien über den Zustand gebrauchter Motoröle aus Nutzfahrzeugen mit einer modernen Motorengeneration und Verwendung von besser raffiniertem Biodiesel gibt es leider nicht.
Grundsätzlich gilt für Biodiesel wie für fossile Kraftstoffe: Dringt zu viel Kraftstoff in ein Motoröl ein, sinkt dessen Viskosität. Das Motoröl wird dünner, seine Schmierleistung nimmt ab und dem Motor droht Verschleiß.
Beim Einsatz von Biodiesel kann diese Ölverdünnung eventuell verstärkt auftreten, weil der Kraftstoff nicht vollständig verbrennt. Dies liegt an den physikalischen Eigenschaften des Kraftstoffs. Während fossiler Dieselkraftstoff einen Flammpunkt von 55 °C und etwas darüber hat, liegt der Flammpunkt von Biodiesel in der Regel deutlich über 100 °C. Das zulässige Minimum gemäß DIN EN 14214 beträgt 101 °C. Während herkömmlicher Diesel im Motoröl bei einer Öltemperatur von ca. 80 °C ausdampft, gelingt dies bei Biodiesel nur bedingt. Das Motoröl kann durch unverbrannten Biodiesel immer dünner werden. Das Risiko eines Motorschadens nimmt entsprechend zu. Verbleibt im Motoröl zu viel Biodiesel, können einige seiner nicht komplett veresterten Bestandteile zu schmierigen oder gar festen Ablagerungen führen, die sich in Kolbenringnuten oder am Kolbenboden ablagern und die Motorlebenszeit verkürzen.
Leider liegen keine Grenzwerte der OEM für den Anteil von Biodiesel im Motoröl vor. OELCHECK sieht für moderne SAE 5W-30 Leichtlauf-Dieselmotoröle einen Eintrag ab 6 Prozent als kritisch an. Dieser Wert beruht auf der Vielzahl der Gebrauchtöl-Analysen aus neueren Fahrzeugmotoren, die mit Biodiesel B7, B10 oder B100 betrieben werden.
Sind die verkürzten Ölstandzeiten, wie sie fast alle Fahrzeughersteller vorschreiben, reine Prävention oder wirkliche Notwendigkeit? Die Johann Dettendorfer Spedition startete gemeinsam mit OELCHECK eine Vorstudie, um mehr über Zustand und Leistungsfähigkeit der Motoröle zu erfahren.
Seit dem Frühjahr 2020 überwacht OELCHECK die Motoröle von drei Fahrzeugen der Spedition. Um möglichst alle Betriebsbedingungen zu berücksichtigen, untersucht OELCHECK die Öle eines Langstrecken-Trucks, der im Zwei-Schichtsystem betrieben wird, eines Silofahrzeuges mit Kompressorbetrieb und eines Lkw, der im Regionalverkehr unterwegs ist. In den Motoren wird ein vom Fahrzeughersteller freigegebenes Low-SAPS Motoröl der SAE-Klasse 5W-30 eingesetzt. Es basiert auf einem synthetischen Grundöl, erfüllt internationale Spezifikationen und ist von allen namhaften Fahrzeug-Herstellern für den Einsatz in EURO V und VI Motoren freigegeben.
Die Motoröle aus den drei Fahrzeugen werden engmaschig kontrolliert. Begutachtet werden dabei außer dem Eintrag von Biodiesel der allgemeine Ölzustand, die Verschleißelemente, Staub, Wasser sowie andere Verunreinigungen, der Additivabbau und die Öloxidation. Eine Ausgangsprobe wurde nach ca. 30.000 km beim Ölwechsel entnommen. Dann erfolgten Untersuchungen des Frischöls und der Probe unmittelbar nach dem Ölwechsel. Weitere Analysen werden im Abstand von jeweils 5.000 km durchgeführt.
Die Ergebnisse von mehreren Analysen aus den Reihenuntersuchungen liegen mittlerweile vor. Bis Ende Mai 2020 wurden Fahrleistungen von bis zu 30.000 km erreicht. Die Verschleißwerte sind ausgesprochen niedrig. Der befürchtete verstärkte Eintrag von Biodiesel in die Motoröle blieb aus. Im Motoröl des Langstrecken-Trucks wurden maximal 1,3 % Biodiesel nachgewiesen und in dem des Silofahrzeuges 2,1 %. Das Motoröl des Lkw aus dem Kurzstreckenverkehr weist eine Belastung mit 2,3 bis 3 % Biodiesel auf. Da bei diesem Lkw kaum Betriebstemperaturen von über 60 °C erreicht werden, waren diese etwas höheren Werte auch von OELCHECK prognostiziert worden.
Noch ist die Vorstudie nicht abgeschlossen. Doch die bisherigen Ergebnisse deuten klar darauf hin, dass die Ölwechselintervalle weit über 30.000 km ausgedehnt werden könnten, was im Rahmen eines Förderprojektes detailliert untersucht werden soll. Der Trend ist absolut positiv. Die engmaschige Überwachung der Motoröle mit OELCHECK Analysen wird fortgesetzt.